HYPErLYNX.di.gi.arium 00.03.23

seit 2 stunden an der lap.tastatur. nacht. nach der pflicht die kür. di.gi.arium, die pflicht zur kür.

 

stundenlange recherchen im internet, u.a. für einen kn.artikel über ein internet.literatur.seminar im nord.kolleg am SA, wo ich hin muss. die im presse.fax angegebenen url's durchgeklickert. unter www.claudia-klinger.de findet sich ein (fast) täglich geführtes "digidiary". ähnlicher name, ähnliches konzept. jedoch ist das di.gi.arium im vergleich zum digi.diary um längen radikaler, was das maß des exhibitionismus betrifft. klinger erläutert in faq's zu ihrem teil z.b. lang und breit, dass bestimmte teile draußen bleiben müssen. es sei z.b. nicht vertretbar, eine "laufende liebesbeziehung" darin zu behandeln. "wenn es denn sein muss", nimmt sie dafür ihr normales tagebuch. das wird hier - auch mit der folge partiellen anstoß.nehmens einiger mit.leser - anders gemacht. nicht weil's richtiger wäre, oder klingers diesbezügliche bedenken klein.kariert wären. sondern weil das di.gi.arium nicht im eigentlichen sinne ein TAGEBUCH ist. vielmehr eine stetige text.sammlung, deren abschnitte nach entstehungs.tagen geordnet im netz archiviert werden. dennoch hat das di.gi.arium viel mit seinem schreiber zu tun, obwohl die authentizität, das protokoll des erlebens, oft hinter dem text verschwindet, gebrochen wird durch figuren mit sich unverhofft entwickelndem eigenleben wie etwa den i.v. was ist authentizität, wenn das ERLEBEN dessen, der sie vor.spiegelt, eben eigentlich nurmehr in text.FORM sich ereignet? nicht von ungefähr sind die stellen à la "ich habe heute das und das gemacht" die schwächsten und überflüssigsten im di.gi.arium. sie interessieren mich nämlich selber schon nach dem ersten satz nicht mehr. beim erneuten lesen im HTML klickere ich sie immer ungeduldig weg. zapp.stellen. andererseits wäre es natürlich falsch anzunehmen, dass der TEXT so wäre, wie er TEXT ist, gäbe es dieses nur rudimentär stattfindende erleben außerhalb des textes nicht. der text ist nicht autonom. irgendwie wird er beeinflusst von dem, was außerhalb seiner selbst passiert (oder auch ständig nicht passiert). aber er ist auch so, wie er ist, weil er surrogat für wirklichkeit ist. das imaginierte merkt man ihm an, wenn es auch oft genug das bloße lamento darüber ist, dass er nur imaginieren kann und die wirklichkeit so seltsam leer und eintönig vor ständigen bildschirmen und tastaturen stattfindet. kurzum, zum thema zurück: hier werden allenfalls namen durch abkürzungen oder verfremdungen unkenntlich (jedenfalls nur für eingeweihte noch kenntlich) gemacht. ansonsten muss jedes, jede und jeder damit rechnen, hier vorzukommen. aber eben vermittelt, nicht direkt abgelichtet wie die nachbarinnen vom tele.objektiv des i.v. vorsicht kann sich kunst nicht leisten, allenfalls rücksicht.

aside: nehmen wir also an, dass authentizität hier nur in der beschriebenen form der aufhebung eine rolle spielt, so fallen die beiden un.published.einträge insofern heraus, dass sie plötzlich gewaltig authentisch sind, weil einer aus dem WIRKLICHEN LEBEN hier seine eingemeindung durch mich GANZ ECHT UND WIRKLICH getilgt sehen wollte. die war zu tilgen, weil sie in einem schrägen verhältnis des privat und also authentisch an mich geschriebenen mails zu dem un.authentisch.öffentlich z.t. menschen.verachtenden dialog des textes mit sich selbst sich wiederfand. hier hat also jemand den text UNHEIMLICH ERNST genommen. welche kraft des textes hat hier gewirkt? wieso ist der i.v. als figur so ECHT, dass man mit ihm nicht in einer reihe stehen möchte, obwohl er doch nur ausgedacht ist? weil er den anschein und die berechtigte vermutung erweckt, doch ziemlich AUTHENTISCH zu sein. weil es nämlich in dem fall egal ist, ob einer nur als figur, sozusagen transzendent, frauen durch fernrohre als objekte fickt oder ficken will, oder ob er es wirklich TÄTE. dass also der TEXT gleichrangig zur TAT steht. TEXT IST IMMER SCHON TAT. damit muss er sich ebenso abfinden wie der, dem er der hirte ist. das wiederum macht rücksicht, zurückhaltung notwendig, die aber den text killt, überflüssig macht. der i.v. würde sagen: wenn ich frauen nicht mehr obsessiv zum bloßen verachteten objekt machen müsste, indem ich das imaginiere und das imaginierte beschreibe und möglicherweise es auch GANZ IN ECHT genau so gemacht habe, wenn ich also kein monstrum, sondern mensch wäre, so wäre ich nicht. es bestünde keine notwendigkeit zu dieser obsessiven imagination. das universum des textes stürzte augenblicklich in sich zusammen. totales dilemma, denn natürlich muss man den i.v. in die schranken weisen lassen. aber wozu das noch im text tun, warum dann nicht gleich im ORIGINAL WIRKLICHKEIT? aber da gibt es den i.v. SO ja sowieso nicht? nur halb, asymptotisch. vielleicht hat der real dann doch im schrank befindliche feldstecher real einen sprung in der objekt.iv.linse, der ihn unbrauchbar macht. aber eben nur vielleicht. kreiselnd ist sich daher hier - IM TEXT - daran ständig abzuarbeiten, was an ihm, dem TEXT "irgendwie wirklich" ist. aber eben nur irgendwie wirklich, nicht wirklich wirklich. im text ist die unterscheidung von wirklich.keit und fi.c.ktion hinfällig, weil der text kein text wäre, wäre diese unterscheidung wirklich und nicht nur fikt.iv möglich. "was ist, ist, was nicht ist, ist möglich. nur was nicht ist, ist möglich!" (neubauten)

jeder gute text, jedes gute gedicht, jeder gute roman, denkt eigentlich die meiste zeit über sich selbst nach. sobald der text vehikel für sowas wie "das wollte ich damit sagen" ist, ist er nicht mehr gut, nur noch - im noch besten fall (und als beste falle) - verständigungs.literatur. deswegen erzählen gute texte auch nichts. wenn sie es tun, dann erzählen sie nebenbei noch eine nette geschichte. aber das ist dann nicht das wesentliche. die gute erzählung grübelt darüber nach, dass sie nicht erzählt werden kann und fragt beständig quengelnd: "mann, scheiße, warum geht das jetzt hier nicht, dass ich hier einfach mal so verzählt werd'?". der "zauberberg" ist dafür ein gutes beispiel und auch ein ziemlich radikales, weil da die zeit, in der nur erzähltes sich ereignen kann, minutiös zum verschwinden gebracht wird. darum geht es in dem ganzen roman. um zeit und die unmöglichkeit von erzählter zeit.

 

ich weiß: wir haben hier einen ziemlich schweren fall von theorie.GAU, obwohl das hier doch alles nicht theorie sein soll. eben scheiße die kür als pflicht nach der pflicht. da kommt dann das dabei (wenn auch sehr schlau) heraus.




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