HYPErLYNX.di.gi.arium 00.05.02

nachbereitung gestriger eintrag: ad.1: kein lob der ehrlichkeit, eher feststellung derselben. weil nämlich ehrlichkeit taktisch unklug sein kann. ergänze: oder auch gewalttätige auswirkung haben kann (der i.v. sagt: ich bin halt so. aber seine ehrlichkeit entbindet ihn nicht von seiner verantwortung, was er gerne hätte). dass nämlich SCHONUNGSLOSE ehrlichkeit die gleiche funktion wie beschämung haben kann. man ist ehrlich, ist es auch wirklich, aber die andere seite ist von dem ehrlich mitgeteilten möglicherweise genervt oder sogar angegriffen. einfach deshalb, weil diese ehrlichkeit nicht verlangt worden war. man also besser das maul gehalten hätte. allerdings ist die "ehrlichkeit" des di.gi.ariums auch eher ein effekt, also ein nicht geplantes, sich vielmehr so ergebendes, gebrochen allenfalls durch die figurinen, die darum gebastelt werden. ad.2: dass, so teilt w. ferner mit, embryos irgendwann plötzlich im wachstum innehalten (18. woche?), so als überlegten sie, ob es sich nicht auch lohne, unverrichteter dinge ABZUGEHEN. toll! wie man dann aber als embryo diesen augenblick verpasst, die chose weiter wächst und man dann am ende doch rausgekrochen kommt aus dem spalt, in den man dann als mann zeitlebens zurück will, jedenfalls mit dem appendix. schon merkwürdig. lessing, der über den tod von frau und kind bei dessen geburt, schrieb, das kind habe wohl gesehen, was hier dräut, und sich "gleich wieder davon gemacht". das schrieb lessing im zustand tiefer trauer über den verlust, wenige tage nach dem tod von mutter und kind. so messerscharf ist verstand vielleicht NUR in der trauer. aside. stelle mir vor, wie ihn dieser gedanke getröstet hat, also diese messer.scharfheit. wie lessing das aufschreibt und sich in aller trauer über den guten einfall doch freut.

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erzähle allen leuten, die danach fragen, dass es mir halbwegs gut geht, eigentlich auch ganz richtig gut, weil der haufen arbeit kleiner wird. fragt sich, wer solche begründungen ernst nimmt. wahrscheinlich ich. dann auf dem anrufbeantworter gen.c., der sich mit versteinerter stimme entschuldigt, die und die arbeit, die ich ihm übertrug, nicht geschafft zu haben. bestürzt höre ich das. wie uns, gerade linke, dieses arbeits.ethos, fleiß und der kram, dass man nur jemand ist, wenn man arbeitet, und sonst eine ganz schlimme null, fest im griff hat. rufe gen.c. an. soll sich zeit lassen, alles kein drama. komme mir dabei aber vor wie ein scheiß.jovialer chef, der verständnis für seine mitarbeiter hat. danach total beschissenes gefühl. was also gen.c. durchgemacht hat. und wie ätzend es ist, dass er einen kotau.anruf machen muss. was habe ich dazu getan, dass es dazu kommt? plötzlicher hass auf das system, das uns so reden lässt. will kein scheiß.jovialer chef sein. würde dem gen.c. gerne raten, er solle einfach sagen: das ist eine blöde arbeit, mach' deinen mist allein. oder mach' ihn besser gar nicht und statt dessen die revolution! unter den bedingungen natürlich nicht machbar. weiterer gedanke: wie gen.c meinen fleiß sieht (der ja gar keiner ist, sondern kranke obsession) und dieser fleiß ihn klein macht. weil er nichts schafft. da kann ich tausend mal sagen, dass aber und da ja und weil und überhaupt. mein ständiger ausfluss steht da wie eine wand, wie eine mahnung. das will er nicht sein, aber ist's. plan.soll.über.erfüllung eines von niemandem fest.gesetzten planes. der hennecke wird zum kohlen.staubenden vorbild. dabei fühlt er sich doch dem konsequenten hennecke.verweigerer gen.c. viel näher. aber entfernt sich mit jedem geförderten wort.flöz, der hier schon wieder abgebaut wird. wie kommt man da raus? wir brauchen JETZT wieder ein spk, ein sozialistisches.patienten.kollektiv. dort die wunden lecken. aber mehr noch: GEMEINSAM die verwunder bekämpfen! die mauer des fleißes muss weg!

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lob der untätigkeit

(oder: tag der nicht.arbeit)

 

(für den an der arbeit verzweifelnden genossen)

 

mit fleiß keinen preis,

auch mit arbeit ein nichts.

dennoch: der schweiß der arbeiter:

eine ständige anklage.

 

die untätigkeit ein fluch,

eine verirrung in wenigem und nicht.mehr.

und irr daran geworden

wie der dichter im turm.

 

ohne fleiß (jedoch) der preis

der muße der verweigerung,

das heilsam werden

im nicht mehr tun.

 

nicht mehr müssen,

wenn man nicht mehr kann,

und können, was man

nicht mehr muss. DAS ist doch unser ziel!

 

nicht mehr können müssen -

das darf man, das muss man!

das ist die aufdeckung

des jochs der irr arbeitenden.

 

klage nicht die an,

die nicht arbeiten,

sondern jene, die

nicht anders können,

 

die arbeiten müssen,

weil sie nicht können

und nicht anders

und nicht sein.

 

sei im nicht.mehr.modus,

sei die avantgarde der verhinderung,

sei nicht rad vom getriebe,

sei das sand.korn!

 

und wenn alles zum stillstand gekommen,

wenn nicht ein noch aus ist,

dann erst (und nur dann)

ist HOFFNUNG für weniger finstere zeiten.




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