HYPErLYNX.di.gi.arium 00.07.10

bitte von www.kulturative.de, schwungkunst.de vorzustellen, der ich wie folgt nachkomme:

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schwungkunst.de - hyper.text.projekte by ögyr

schwungkunst.de besteht z.z. aus drei hyper.text.korpora.

 

(1) MERz.Monstrum

der hyper.link ist, um es mit einem mathematisch.topologischen begriff zu sagen, die konforme abbildung der (frei & flott flotierenden) assoziation im html.cyberspace. insofern ist der klassische hyper.text auch die ideale form für cut.up.texte. seit 10 jahren, lange bevor er html kannte, arbeitet ögyr an einem solchen cut.up.text namens MERz.Monstrum. da es sich dabei um ein ständig wachsendes text.korpus handelt, in das immer wieder neue fragmente aus texten und foto.collagen eingearbeitet wurden, also einen text, der quasi unendlich nie fertig wird (jedenfalls hat ögyr es aufgegeben, ihn fertig.zu.stellen), ist er auf papier kaum zu realisieren, für einen hyper.text aber geradezu prädestiniert.

die links sind dabei nicht von einer inhaltlichen struktur bestimmt, sondern vielmehr von freien assoziationen. (ideal wäre es, die leserin könnte selbst solche assoziativen links generieren, die sich im text nieder.schlagen.) durch kreuz.verlinkungen kann man sich tastend durch den text (und die foto.collagen in heartfield.scher manier) hin und her bewegen und gelangt dabei zum teil auch zu den anderen texte.korpora von schwungkunst.de und von diesen wieder zurück zu MERz.Monstrum. an ein vertikales von oben nach unten lesen ist dabei weniger gedacht, als sich vielmehr von den links durch den text tragen zu lassen. ähnlich wie man eine zeitungs.seite liest, die man nur überfliegt und dabei an einzelnen zeilen oder absätzen hängen bleibt. oder eben: wie man im netz surft.

wenn es denn einen inhalt von MERz.Monstrum gibt (der name rekuriert auf die MERZ.kunst von kurt schwitters): es geht um die medialen monstren, also figuren wie etwa den "rosa riesen", der anfang der 90er jahre in den neuen bundesländern sexual.morde verübte und dabei von den boulevard.medien zu einem monster.haften dämon stilisiert wurde. das monstrum als öffentliche figur und damit projektions.fläche für im gesellschafts.körper latente aggressionen und ängste. das monstrum als "anti.christ", beladen mit bildern von erlösung durch stellvertetende strafe und sühne, der christus.figur nicht unähnlich.

 

(2) slammer.filet

eigentlich nur eine abraum.halde für poetry.slam.texte, die sich bei slams allerdings als weitgehend slam.inkompatibel erwiesen haben. zum weg.schmeißen zu schade, für einen link immer noch gut. dabei werden auch die stinkenden kaldaunen zum filet erklärt, in jener geste der selbst.inszenierten selbst.überschätzung, die bei slams lyrische monstren gebiert.

 

(3) HYPErLYNX di.gi.arium

angeregt von rainald goetz' netz.tagebuch "abfall für alle" ist HYPErLYNX ein (vielleicht literarisches) tage.buch, das als einziges form.kriterium den zwang zur täglichen in.dienst.stellung im netz hat. es soll das letzte jahr des jahrtausends dokumentieren, beginnt am datum 00.01.02 (am 00.01.01 war der kopf leider zu schwer, um irgend.etwas zu schreiben) und soll am 01.01.01 (wenn da der kopf nicht schon wieder zu schwer ist) enden. da ögyr nicht jeden tag was brauchbares einfällt, enthält es jede menge müll. da muss die leserin durch, hilft nichts. am ende jedes eintrags finden sich jedoch handliche vorwärts.rückwärts.knöpfe gegen die lange.weile. click it!

was das di.gi.arium vielleicht nicht so überflüssig macht wie die meisten netz.tage.bücher ist seine reflexion über sich selbst. der text kreist immer wieder um den obsessiven voyeurismus, den ögyr bzw. ein alter.ego namens ingenieur.voyeur umtreibt, mit dem die leserin sich gemeint macht, indem sie selbst voyeuristisch auf die text.emanationen eines lebens klickt. und um eine im di.gi.arium selbst umfänglich reflektierte "pretty.public.privacy", das fragile (und weitgehend unerforschte) dialektische verhältnis zwischen öffentlicher und privater so genannter person (lat. personare = durch.klingen). in der ver.öffentlichung von so genanntem privatem versucht das di.gi.arium, ähnlich radikal zu sein wie big.brother. mit dem allerdings anderen ziel, die person hinter ihrem text aufzulösen (während es big.brother noch immer um das kennen.lernen = veröffentlichen einer als individuum abgeschlossen gedachten person geht, big.brother somit über individualitäts.konzepte des 18.jahrhunderts im grunde nicht hinaus kommt). das trägt teils selbst.therapeutische züge, teils versucht es, der seltsamen form von öffentlichkeit im netz nachzuspüren, also einer eigenschaft des mediums selbst. insofern ist HYPErLYNX auch ein versuch über das medium oder die frage, was passiert mit (dem so genannten) mir, wenn (das so genannte) ich, ein voyeur, sich im netz exhibitioniert.

was das di.gi.arium ist, erfährt man dabei am besten, indem man es liest, weil es sich permanent selbst erforscht und sich auch gar nicht darüber im klaren ist, was es eigentlich ist, oder was ögyr mit dieser fixen ideen.kopie angerichtet hat. es ist ein wunderbares beispiel dafür, dass ein nicht geplanter text sich selbst entwickelt, weitgehend unabhängig vom schreibenden subjekt, dessen dynamiken lediglich als treib.stoff nutzend. im gegensatz zur physik, wo der beobachter möglichst unabhängig vom beobachteten sein soll und das beobachtete auch nicht stören darf, ist hier der beobachter selbst objekt der beobachtung und verstört sich an sich selbst. es entstehen flirrende deutigkeiten, die neben dem zerstörerischen gestus gegenüber einem konzept wie "person" auch die hoffnung hegen: der text ist mein hirte, mir wird nichts mangeln.

weil es modisch chic ist (und weil es möglich ist; mögliche technik muss man nutzen), sind einige der zahl.reichen gedichte im di.gi.arium auch als vorgelesenes mp3 in explicit.lyrix.mp3 ausgekoppelt.

[btw: die annahme ist irrig, dass "der autor" mit "seinen" texten irgend.etwas "will". ögyr hat immer wieder die erfahrung gemacht, dass texte, vor allem hyper.texte, derartige eigen.dynamiken entwickeln, dass, wenn überhaupt jemand etwas will, dies dann der text selbst ist. insofern ist die selbst.vorstellung eines projektes, wie hier, also ein text über den eigen.sinnigen text, nicht unproblematisch. der text selbst sagt mehr über sich als dieser text über den text. ein unbedingtes plädoyer für die emanzipation des textes von seinem schreiber.subjekt, das, wenn es denn ein konzept von schwungkunst.de gibt, das eigentliche konzept von schwungkunst.de ist.]


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