archiv.04.2002
 

02.04.01.20:03:00
ögyr
from abroad (skizzen) 2

: ostern on.line die bemerkenswert schlechte qualität der entsprechenden gespreizten jpegs. als seien derzeit nur alt.material.poster auf dem draht, forstend die geschlagenen bäume in den fest.platten.wäldern, aus denen das wild verwundet flieht (auf die entfernten server).

: das wild im streichel.zoo. zutraulich. 4 millionen jahre alt. spreizt die zähne, entschürzt die lippen.

pony.party, zicken.zertifikate. zucker und brot bringt uns den tod. zucker.brot und peitschen.echo. ein beo, der alles nach.plappert. hallo? hall.oh!

: durch die flache landschaft. rhein.graben. siedlungs.reste von vor paar tausend jahren. wer hat sich hier wohin gelegt im damals? wer auf wen und unter welche knute? noch immer wein.bau. die reben am gehölz.gestell sehen aus wie knochen.hände, die sich unter dem dirndl der rötlichen erde hervor.recken, unartig, wie griffe von geilen alten in den up.skirt.himmel. zersiedelung der weite. jede richtung des himmels ist gleich.berechtigt. entgrenzung des horizonts durch gleich.maß. da durch wie in bewundernder trance. dahinten irgendwo hügelig. darauf burgen. ruinen.kultur.landschaft. auf dem burg.fried innerlich mit der zunge an der zahn.ruine hinten.oben.vier. seil.bahn auf und ab.

: unterm dach hängt der mond im mini.fenster, als imitiere er genau das glimm.glimm.gelb der nach(t).tisch.lampe. zwischen teppichen und kabeln. das surren der rechner im flüster.ton. sehr schnell on.line. fontänen von daten in drei großen schüben der füll.balken. ohne die geborgenheit der maschinen, möglichst viele auf einem haufen, mag sich ein gefühl von hier.zu.hause nicht einstellen. mit ihnen aber sofort! dichter.dach.stube. rucken der bilder, ankündigend, dass sie nur virtuell sind. aber was heißt da schon „nur“?

: keine rauchen. sich mäßigen überhaupt. nachts traum von frauen, die sich in verlassenen lager.hallen entblößen (buch anja). wie modelle zum beschreiben mit dem pinsel. der immer gleiche traum. die immer gleiche szenerie. unterm dach die unter.der.decke.entrückung (auf einem als luderhaft imaginierten sofa).

: morgen, nachher, zug, wieder. der unschöne zug um die lippen im spiegel, tabletten einwerfend, die notwendig sind, damit das bessere leben sich einstellt. salat.frühling. hühner.bein.gebein. esels.ohr. die tochter in m.dorf, die sich zwar immer unheimlich lasziv kleidet, sich aber, dazu nicht passend, wie im pferde.stall bewegt. das gemeinsam fest.stellen, dreckig lachen. und sich dabei doch so genannt sehr wohl fühlen. einen link hinterlassen, ’ne ungewollte spur im klo bis zu dessen nächster reinigung, käsig riechende gäste.bett.wäsche. und ab. und an.


02.04.01.22:37:05
ögyr
from abroad (skizzen) 3

: back.bone.@.home. dämmernd der blick vom balkon. ost.ufer. rauchen (ich rauche wieder? auf keinen fall!), denken: mein gott, sieht das schön aus! als hinge da noch, neben den gerade ausgezogenen frühlings.seide.söckchen auf der abend.abend.leine, ... jaja, schon verstanden, schon klar, bitte ablassen endlich davon ..., jaha, der hauch von der schönsten.aller.schönen, die da.drüben gar nicht mehr wohnt. lichter. dichter. stube puppenkamp. sparkling. anrufe auf der maschine. was man alles versäumt hat. „und tschüß.“

: on the line, auf dem gleis. vorhin. als wolle hier die wirklich wirkende wirklichkeit mal eben nach.hilfe in „aristotelisches.theater“ geben: die einheit von zeit und raum. nochmal 4 stunden durch.exerzitzerzensiert. wie mönch im selbst.verhaftungs.kloster seiner schwarz.tinten.spritzer.kutte beobachten und aufschreiben, verschämt, mit ganz kleiner, jetzt noch kaum leserlicher schrift, damit die schöne nachbarin, geigerin.mit.schönen.füßen, nicht sieht, wie ich sinn.vom.nie kompostiere. aua.aua.aua!

: und los: das bein.ballett in zu engen kabinen. darf ich mal? oh, danke. da nich’ für. mittel.sitz. links geigerin, instrument oben direkt über mir. immaculate.cunt: der gestirnte himmel über mir, das moralische gesetz in mir. es heißt: steif werden vor scham (wegen der nackten, verschränkten füße am sitz, später erst, als der norden kühler wird, macht sie söckchen drüber, wovon wir noch hören werden). schräg rechts sitzt uschi. uschi ist „gehandicapt“. down.syndrom oder autismus. oder beides. uschi ist so um die 50, schätz’ ich. uschis mutter, so etwa 80 („in hamburg habe ich mal gewohnt, um 1930“), verteilt die unglaublich vielen taschen. willst du die tasche auf dem schoß behalten? uschi (tasche trotzig klammernd): warum nicht?! uschi schaut unbeweglich auf die landschaft, die durch.rauscht. so unbewegt, als sei sie interieur des abteils, schraube an schrauben, stählerne trägerin an stahl.träger, fenster.kitt. mund offen, speichelnd. wenn der ice einen fluss überquert, sagt sie mechanisch den namen des flusses. main! elbe! kennt alle flüsse. verortung in einer ordnung, die nur in ihrem kopf existiert. da ziehen land.karten vorbei, aber nie die wirklichkeit, die viel unwirklicher als die karte in ihrem kopf ist. toll!

: uschi: die protestation schwach.sinnig und daher sinnlich zu sein. revolution gegen die, die meinen wahrzunehmen. toll! sie sitzt immer noch wie angeschraubt, die hände verkrampft am sitz.fleisch der ice.stuhl.lehne. nach drei stunden endlich das ergebnis der ausbrütung. bricht aus ihr mit wort.schwall: „das buch ist viel besser. der film ist scheißen.dreck.dreck.scheiße. wie bei thomas mann. buddenbrooks. schlecht verfilmt. das ist sowas von ekel.erregend!“ so sagt und brüllt plötzlich uschi. es geht um rosamunde pilcher, wie mutter.von.uschi entschuldigend erklärt. und um thomas mann, wie uschi aus der fernen welt ihrer welt hinzufügt.

: mittig davor, links von uschi, schöne schwarze. schlafend unterm cd.walk.man.kopfhörer, die schlanken jeans.beine gespreizt. jeans an geheimnis. wie einladend geöffnete speise.karte. frühlings.salat stark knospend an gegrillten geflügel.streifen. schönheit eingeschlagen wie pflock zwischen schenkeln des abteils. allright. spricht nur englisch. wer ist thomas mann? rosamunde pilcher scheint sie zu kennen, denn sie nickt höflich, als der name fällt aus uschi.mutter.mund. dann wieder schlaf. meine beine zwischen ihren. wie beischlaf. beischlaf.szene im buch von arne, das auf meinen beinen ruht und gelesen wird. beischlaf mit sina auf dem nackten teppich im laden.zimmer. toll! sehr geil!

: die geigerin fängt jetzt an zu schreiben. hat das tischchen am sitz ausgebreitet, notiz.buch mit blümchen auf den schenkeln darauf. seiten ohne linien. schreibt da schnell herein. seite um seite, sehr wild in so einer nach links geneigten mädchen.schrift („aber ich liebe dich leider nicht“ hatte mir mal eine k., fagottistin, in ziemlich genau der gleichen schrift geschrieben, 1982). ich lese aus einem schüchtern flüchtigen blick: „... und ich auch ...“ mehr nicht. zu lesen, was sie da schreibt, wäre wie kuss sicheln auf den nackten nabel der schwarzen direkt vor mir. bitte nicht, o, bitte nicht! ich schreibe nicht. gemeinsam schreiben wäre wie gemeinsam onanieren. wer ist erster? wer kommt zuerst? szene aus „naked lunch“, wo in einem café in algier ganz viele exil.autoren sitzen, darunter auch bill, und an wild durcheinander klappernden REISE.SCHREIBMASCHINEN romane verfassen. strange!

: halbe stunde schon schreibt die geigerin. ICH WILL DAS LESEN! könnte sagen: lass mal schauen, mal lesen. wir kennen uns nicht, also macht das nichts. wäre schön anonym wie im wall.puff. speichern als NUR.TEXT mit gummi.

: geigerins büchlein mit blümchen.muster passend zu dem auf den söckchen, die jetzt im musik.takt ihrer phones zucken, auf und ab, gekrümmt, entspannt. jetzt endlich klappt sie zu, ist gekommen, schnappt das gummi um den seiten.laib. also ich jetzt nach.spiel.notieren. alle gucken. der schreibt auch?

: verrückt! total verrückt! jetzt klappt der schwarze freund der schwarzen schönen sein notiz.buch auf. voll von zetteln. wirre schrift. grafittiche schlagen wild drin. liest und schreibt über einen schon dahin geschriebenen text, das erspähe ich: WHO I AM!

: in comics steht über dem nächsten szenen.bild.wechsel immer „währenddessen ...“: mutter.uschi lamentiert schon die ganze zeit. hört nicht auf auf uschi einzuflüstern. nach göttingen folge hannover folge hamburg. dann unweigerlich DAMM.TOR. das damm.tor der geigerin spreizt sich schneidersitzend dazu wie synchron das der gegen.über schlaf.liegenden schwarzen. UNTER JEANS. freier nabel. füßchen. dann also neumünster. und dann sind wir zu hause. uschi starrt weiter. sagt abwehrend: genau!

: die schwarzen schlafen. die geigerin schläft, hat ihren kopf zu meiner seite gewandt und sieht toll aus. ich notiere das.

: kurz vor hamburg cremt sich die geigerin die finger mit nivea. sieht lasziv aus. ich imaginiere bewegungen auf.&.ab an schäften. an beilen, die nieder.strecken. uschi streckt sich. das sieht sehr komisch aus. niemand lacht. uschi wieder versteinert.

: das beten der sicherheiten aus mama.uschis mund. dass nach hamburg, man wisse ja ... uschi: genau! dann holt die geigerin kaffee aus acht wagen später aus dem bistro für uschi, weil uschi und ihre mutter das nicht schaffen mitten durch den schwankenden ice.zug. bewegung kommt ins abteil. plötzlich reden. wer wer sei, auf welchem weg woher wohin. ich bin so schüchtern trotzdem. mich fragt keine. ich würde auch nicht antworten, dass ich auf dem weg zum tod bin, was mir plötzlich voll.blöd.pathetisch einfällt. ich bin hier der schüchternheits.kretin, der scheinbar sehr interessiert von zeugungen in jungfern liest. wie autistisch vergraben am dritten tage. woran wäre ich wirklich interessiert?

: der schwarze freund der schönen schwarzen rappt in sein büchlein. WHO AM I? ist jetzt die sinn.findungs.überschrift. rap.sodie. rap.sodomie. IN BLUE. weil draußen nämlich und wie angekündigt die blaue.stunde einbricht ins abteil. ein matrose mit holsten in der hand, der rein.rülpst nach hamburg, ob hier noch was frei sei. die geigerin ist längst raus, in haupt.bahnhof schon. ist also was frei. uschi sagt: genau! der blaue flieht. ich zwischen den alten. die schwarzen entnabeln sich ihrer schlaf.umarmung in neumünster. „und dzüß“ sagt die schwarze. ihr nackedei.nabel hüpft. ich hüpfe auch. und schreibe. und segne.


02.04.04.12:43:01
Inge
from abroad (skizzen) 3

ögyr.ögyr.laß.doch.das.rauchen. sonst.bist.du.bald.nicht.mehr.zu.gebrauchen. heimlich.rauchen.kommt.immer.raus.


02.04.10.03:02:09
ögyr
sie bringt mir dinkel bei

sie bringt mir dinkel bei, geschrotet. sie streicht mir bär.lauch.pesto, gut für’n ader.bau, aufs brot, doch niemals zärtlich über meine schuppig.grauen haare. sie ist natur.kost, die ich nie verkostet. sie fragt auch sonst nicht nach verheerung. was wirklich wirkt, was nicht nur vorgestelltes ist, auch danach brauche ich sie nicht zu fragen, denn darin bin ich ohnehin der meister. beim kaffee.kochen auch der clown, das arsch.gesicht beim bück.reflex nach milch. sie ist, ich wäre. sie ist das brot, ich nur die vorher ähre. so ist das und so soll es sein. trunken nachts, verzichts.gerührt und nicht geschüttelt ist sie bei mir olive im martini, der fett.gehalt im whisky und narkotin im glimm.gestänge. ein traum nur, bunter vogel, der begegnet. büro.geklingel gestern, heute zoo. sie ist. ich bin darin nur wicht und flügel.hirsch.


02.04.12.14:02:17
Inge

sie bringt mir dinkel bei

Oha, wieder verknallt? Wer issesn diesma?


02.04.15.03:06:07
ögyr
und der titan nickte

und der titan nickte (1) - 00:54

die schiefe der ebene (und damit der epoche) ist jetzt für jeden spürbar. im vorderen drittel des schiffes hat das schwarze wasser das haupt.deck erreicht und schwappt nun aus den getroffenen abteilungen über in die noch intakten. nicht mal mehr 2 stunden bleiben bis zum sprung in die tiefe ...

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und der titan nickte (2) - 01:38

das 13. boot fiert ab, kollidiert beinahe mit boot.11.

ein heizer im unterhemd.

das wasser ersäuft jetzt die treppen. stufen in den untergang. schreibe eben noch artikel. die letzte nacht. konzert mit salon.orchester. die geigerin hat hübsche füße. heels in eis.wasser. der ingenieur trinkt einen hervorragenden port. schaut auf die uhr. rechnet. kessel.raum ist knie.tief geflutet. schwarzes wasser, schwarze kohlen. koks. der letzte rausch. jemand schnappt sich einen abgeschrammten eis.würfel für seinen vor.vor.letzten whisky. es klingelt, als der ins glas fällt, es läutet geradezu.

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und der titan nickte (3) - 01:47

unzertrennliche paare. sie geht nicht ins boot, wenn er nicht mitkommen darf. noch ist sie nicht klatsch.nass. vermutlich flitter.wochen. die letzte kabine ist zwei stunden her. es war das erste und letzte mal. ein maler und sein modell. er hat nie etwas verkauft, nur manchmal sie gekauft. jetzt sind sie ein paar und werden es gleich, ein paar minuten später, gewesen sein.

noch eine halbe stunde.

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und der titan nickte (4) - 02:02

„sie müssen weiter unten gewesen sein“, mutmaßt der chef.stuart zweiter.klasse, john hardy, später über die zwischen.decks und ihren menschen.kitt, der zwischen den nieten die niete zieht. stunde, nein, minute des epochen.gegensatzes, weniger dessen der klassen.

die funker verkaufen immer noch ihre arbeits.kraft. phillips tickert und bride äthert. der sanfte funken.flug im marconi.apparat. save.our.souls. oder auch come.quick.danger. komm schnell, gefahr, lass uns nicht choräle singen!

nearer.my.god.to.thee prophezeit jetzt das bord.orchester.

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und der titan nickte (5) - 02:13

berg.auf zum heck. der weg rückwärts, bevor es voran gehen kann. 50 grad, 60, dann 70 grad. revolution heißt, die verhältnisse umkehren. wir sind auf dem halben weg zu den 180 grad. in den kesseln, dem ewigen antrieb, herrscht schon wässrige nacht.

und dennoch arbeiten die LICHT.maschinen noch. geschäftigkeit ist das marken.zeichen des sensers, der nun erwartungsvoll swingt.

die carpathia dampft heran. in ihrem bauch heizen die heizer, eingeschlossene für rettung der eingeschlossenen. alles inklusive.

nur noch paar minuten für unser paar, das sich nicht mehr umarmt, sondern an der reling klammert. ein stück stahl ist die letzte amme, der letzte kuss.

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und der titan nickte (6) - 02:31

lightoller wird vom sog gegen einen schacht gepresst. erst als die maschinen durch den senk.gerechten rumpf rasseln, schiebt ihn die druck.welle an die ober.fläche. olaus abelseth, auswanderer aus norwegen, wird vom fahnen.mast am heck, an dem noch der white.star weht, einfach abgestreift, als der titan nickt.

jetzt ist schicht im schacht. der fahrstuhl zum schafott der tiefe. die paar dutzend in der letzten luft.blase im rumpf, die jetzt, hundert meter down.town, zerplatzt.

with a bang, not with a whimper.

das wimmern hebt an, oben noch. die glücklichen als geist über den wassern. ein gang.bang mit den frost.männern.

rudern wir zurück? wir, die letzten der zeit? vermehren wir uns im hinstrecken der hingestreckten hände mit dem ruder.blatt? machen wir den sack zu oder das boot zu voll?

die letzten der erforenen haben jetzt noch eine halbe stunde vor sich. frierend denken. und schreiben.


02.04.18.02:23:30
ögyr
flauto a back

(auf „wicked“ von michiel.mensingh)

als sei das schwarz aller ihrer kleider ein fünftes.element des klangs, den ich mir erst später von der silbernen scheibe ziehe. neu.artige flauten. als. hals. als orgel.pfeifen.pfauen. versuche das zu erfassen. immer ein bisschen dürr dabei in meiner fatum.fetten leib.haftigkeit. und sowas wie steil gestylet. gespitzte augen.brauen an ihrer stirn. zungen. am beginn von track.1 das gemeinschaftliche ein.atmen. der auf.takt. das noch.kurz.davor.sein. all der irr.sinn plötzlich vor dem augen.leinen.land.

fl.irrig.

zungen.satz am block. wer ist schüchterner, könnten wir in wett.bewerb treten. ich der schreiber, sie der leib, der wood.wind macht. an der halb.ton.leiter ab & auf. es komme darauf an, das noch nicht gehörte dennoch schon jetzt in sprache zu bringen, denke ich. den satz aus dem nix heraus.zu.komponieren. die immer.musik der sätze schon beim bloßen sammeln entblößter infos. im kopf, nur da, fügt sich das füglein so gleich, das flatter.züngige. der letzte trost des blocks.

daran.darauf: all das unerreichbare, war.über ich schrieb.

der be.o.ruf der flöten. sopranino, soprano, alto, tenor und basso. welches rad an fünfen darf ich sein, unter das ich hin.honig.schmelzend komme? unter welcher achse.l darf ich zu liegen kommen? behaart. bezirzt. ulyss?

daraus das füglein machen. flügeln wie ikarus, dem noch am himmel kein un.heil droht. erst später auf erden zu.ge.rückt. das stürzen, erwünscht so sehr, in ihre schürzen. ein fehler. fahl. eine ewige d.day.lust.

der mond über soho. unter sappho. ihre brauen bestürzen hernieder.

sei doch bitte nicht so lyrisch. sei nicht letztes licht im tief.nacht.schacht. halte an & ein. süße nicht deinen affen. be british.

zickige ziggie eingeholfen, sexy.teenies down.syndromt. the dome. the papst. die päpste der flöten. hustend hüsteln. räusper. hussler. mach mich luft! stöhn mich schön!


02.04.23.04:13:13
ögyr
sky.rätsel.magazin.1

irgendwann schaut die finsternis wahrscheinlich direkt aus den augen raus und lässt sich nicht mehr weg.leuchten. strahle.mann und söhne haben ja ohnehin längst ausgedient, auch wenn man bisschen künstlich noch an der erinnerung an sie und ihre funkelnden töchter werkeln kann, bis auch das auffällt.

das voll süße girlie jedenfalls, an der sky.kasse, das eigentlich eher schüchtern und also kein grelles girlie ist und dessen haar.färbe.experimente ich die letzten wochen bei jedem zahle.mann.und.stöhne mit anerkennenden blicken goutierte – sie ist jetzt nach kastanie und anderen halb.herzigen brünett.tönen bei richtig tollem, fast bläulich.matt glänzendem tief.schwarz angekommen, sieht dabei aber immer so aus ihrer zärtlich duftenden kauf.frau.azubi.kittel.wäsche, als wäre ich derjenige und natürlich sowieso der einzige kunde, der ihr sagen müsste, dass sie damit richtig klasse aussieht; sage ich aber nicht, obwohl’s stimmt, sondern nur genau das dürre hallo wie sie –, sieht mit sorge auf meinen immer gleichen einkauf: zwei kohlrabis, gemüse.saft, knäcke, paar obszön geformte birnen und ’ne flasche whisky, der billig.prima.preisige mac.bundy für 5.99, der bei edeka, wo der kassierer ein dicklich emsiger wicht wie ich ist, dem eine haut.flechte die glatze rötlich färbte, mac.percy heißt und auch 5.99 kostet. dennoch kaufe ich lieber bei mc.sky, jedenfalls samstags.nachmittags kurz vor laden.schluss um 4 und montags.abend kurz vor laden.schluss um 8, zwei tage und stunden, an denen – ich nenne sie lisa oder royal, wie sie manchmal wirkt in ihrer kleinen stolzheit, auch lillibeth – dienst hat. und ich komme hierhin als liebster wegen lisa.lillibeth.

bevor es mit dem gitter.wägelchen durch die automatisch einladend auf.winkende gitter.tür geht, mache ich meist noch halt bei der seltsamen, wohl auch nicht natur-, sondern wasserstoff.blonden mutti am back.tresen, kaufe dort den letzten zwiebel.meter oder sonst ein ungesundes weizen.brot vom vortag. die mutti hat eine wirklich völlig anachronistische bäckerinnen.schürze mit rüschen an und irgendeinen undurchschaubaren deal mit einer abgerissen aussehenden polin, die meist vor dem tresen rumlungert, bis sie für, ich glaube, null.euro irgendwelches brot vom vor.vor.tag wegschleppen darf, das ihr die mutti in riesigen plaste.tüten von unterm laden.tisch über den rüber reicht. und sie, die mutti, sagt tschüß und „wohl bekomm’s“. wieso „wohl bekomm’s“? ist der krempel schon verschimmelt, oder wie?

dann erstmal zum gemüse, während ich verstohlen schaue, ob lisa an der kasse sitzt. sie sitzt, ich kann ihren nacken sehen, an dem die haar.färbe.geschichte paar super.süße spuren an dem übergang des haut.noch.nicht.haar.flaums hinterlassen hat, dass also dort die haut auch noch bisschen haar.gefärbt ist. ansonsten scheint lisa seit neuestem ins solarium zu gehen, war in südlichem urlaub (was ich aber bemerkt hätte) oder frisst ein karotin.präparat. lisas haut, die ganz in echt samtener ist, als sie mein traum erdenken könnte, ist nämlich knackig braun. und die tomaten für 2.99 das kilo, und das voll.kornige knäcke, der saure hering im eigenen saft, die geflügel.würstchen, karge bück.ware und die oliven für 61 cent, was lisas kasse immer nicht weiß, ich aber, wofür mich lisa aus ihren großen schwarzen augen anerkennend ansieht, mir vertraut und die von mir verauskunfteten 61 cent brav in ihr kässlein vor ihrem noch braveren busen tippt.

auch wenn lisa mich inzwischen zu kennen scheint, mein wägelchen.repertoire und meine scheuen blicke, die sie noch scheuer beantwortet, mein portemonnaie, aus dem, weil es ein loch hat, das wechsel.geld schon mehrfach einfach rausgefallen ist wie ich ihr am liebsten auf der stelle und auf knien vor die niedlichen füße, hat sie, glaube ich, einen freund. manchmal samstags kurz vor laden.schluss, wenn ich es noch gerade in den himmlisch frischen sky.markt mit lisa drin schaffe, geht er vor der ich.mach.mich.breit.für.dich.tür auf und ab. und einmal habe ich gesehen, wie lisa, weil die kasse gerade leer war, raus kam, ihn, der noch schüchterner als lisa ist, ganz vorsichtig an die hand nahm und mit ihm in der lade.rampe verschwand. wenig später saß sie an der kasse und kassierte mich.

diese kleinen geschichtchen, unbemerkte, nur dem ersichtlich, der genügend augen.schwärze dafür hat: wenn ich samstags nach dem lisa.sky noch im tabak.getränke.presse.laden diesing am hans.söhnker.eck vorbeischaue, wo sich die zerstörten vom platz so versorgen wie ich, reicht mir bitte.je.einmal american.spirit.tabak, gizeh.fein.filter und blättchen von marie die etwas prollige vertretung von herrn.diesing über den tresen. sie wippt in fersen.freien buffalos über das verschossene linoleum und hat jetzt, wo es frühling wird, so’n shorty überm nabel, damit man sehen kann, dass der mit einer weißen perle gepierct ist. ich sehe das natürlich. und sie sieht, dass ich das sehe, lächelt irgendwie vielsagend und wünscht ein „super.schönes wochenende“.

lillibeth sieht an diesem wochenende bis tief in die nacht fern. ich weiß das. denn lillibeth ist neulich gegenüber, auf der anderen straßen.seite, in die wohnung eingezogen, aus der sie vor vier wochen einen sarg getragen haben, an einem sonnigen tag, einem der ersten des frühlings, als ich gerade nackt am fenster stand und versuchte mich ohne spiegel zu rasieren. da, wo lillibeth jetzt aus ihren schwarzen augen in die bläulich zuckende ferne sieht, war immer noch länger licht als bei mir gewesen. bis die nachbarn das bemerkt hatten, dass das licht auch tags gar nicht mehr ausging. ich weiß das alles nicht genau, denn die junge frau, die da gegenüber nach der ur.alten, gestorbenen als schatten.riss fernsieht, sieht lisa.lillibeth sehr ähnlich. und vorgestern habe ich, als ich mein rad abends los.schloss, um irgendwo hin zu fahren, von fern gesehen, wie lisa in das haus ging. vielleicht wohnt da aber auch nur ihr verhärmter freund.

und was heißt schon „nur“ und „vielleicht“, wenn es aus meinen augen so finster raus scheint, so schwärzliches licht, so nackte nacht und so dürres laub, das in lisas so himmlisch frischem und jeden prima.preis der anbetung wie des verzichts wertem garten vom letzten winter noch an den bäumen hängt?


02.04.30.02:54:48
ögyr
unsichtbare front (1)

im frühjahr 1977 reiste ich zusammen mit meinen eltern nach dessau, deutsche.demokratische.republik, um dort meine groß.eltern zu besuchen. die groß.eltern hatten für mich eine kamera aus volks.eigener produktion „organisiert“, so nannten sie damals den kauf eines gegenstandes, an dem gewöhnlich mangel herrschte. eine praktika.lb.zwo mit 50.millimeter.objektiv sowie, zum wechseln, mit einem tele.objektiv, 135.millimeter, beide von carl.zeiss.jena. den apparat erhaltend, war ich begierig darauf mit ihm fotos zu machen. den ersten orwo.schwarz.weiß.film, 17.grad.din, 36 bilder, belichtete ich in dessau, vor allem aber in dessen vorstadt haideburg, in der die groß.eltern einen bungalow auf einem günstig, weil volks.eigen, gekauften grundstück errichtet hatten, in dem 1000.quadrat.meter.garten sogar einen swimming.pool. ein hauch von luxus.

die fotos sind leider verloren gegangen, in meinen archiven nicht mehr auffindbar, auch nicht auf dem elterlichen dach.boden. deshalb erzähle ich aus der erinnerung, welche fotos ich machte. das erste foto auf dem film zeigt die straße namens hecken.rosen.weg vor dem groß.elterlichen haus, blick nach süden. sie ist mit schlag,löchern übersät, hinten sieht man einen trabant.kraftwagen, baujahr 60er in hell.blau.grau. ich erinnere mich, dass ich die schlag.löcher, die ich heute „morbid“ finden würde, als irgendwie „ungezogen“ wahrnahm. die straße war sozusagen böse gewesen. deshalb fotografierte ich sie. das foto wirkte später, als ich es im elterlichen bad, eine große holz.platte über die badewanne gelegt, auf der der vergrößerer stand, entwickelte, „entrückt“, so würde ich es heute nennen. damals überlegte ich lange, ob es unter den 36 einen dauerhaften platz haben dürfte. es zeigte zu wenig, dennoch sagte es mir etwas. es blieb in der reihe, allerdings als zweifelhaftestes.

das sammeln muss eine ursache haben. die hoffnung des bilder.sammlers dabei ist, dass die sammlung selbst die ursache ergibt. im forst, der paar straßen hinter dem hecken.rosen.weg begann und von der bahn.linie berlin.leipzig durchzogen wurde, gab es einen gewissermaßen exterritorialen bereich. eine sowjetische kaserne, die von einem zaun mit schildern umgeben war, auf denen „CTON!“ stand, was HALT! heißt. es war, so hieß es, streng verboten, solche einrichtungen zu fotografieren, zumal als bürger aus dem territorium des klassen.feinds. es reizte mich dennoch, das mit der praktika festzuhalten. ich fotografierte und hielt das später für ein dokument, das die verwackelung wegen der dunkelheit im wald noch dokumentarischer machte. ein scharfes bild wäre sozusagen lüge gewesen. ich nahm an, hier gäbe es etwas, das fotografisch zu dokumentieren wäre. und ich nahm an, als ich zitternd auf den auslöser meiner neuen kamera drückte, deren technik und eigenheiten ich gerade erst kennen lernte, dass ich hier etwas wichtiges täte, dass ich gewissermaßen der einzige sei, der jetzt und hier dieses geheime spionage.foto machen könnte, um es später den west.deutschen behörden als dokument übergeben zu können. noch beim vergrößern dieses ängstlich gespannte, verbotene gefühl.

... wie im wald, in den ich auch mal alleine „zum spielen“ ging. wie ich mich hinter einer großen, unten kahlen fichte versteckte und an mir rum spielte ...

später auf dem film ein bild von dem schild vorm waldbad freundschaft. weil ich es so seltsam gefunden hatte, dass ein freibad freundschaft heißt. aber doch auch eingesehen, weil darin, logisch, freunde zusammen zum baden gehen oder freundinnen. ganz hübsche mädchen in so 30er.jahre.züchtigen bade.anzügen, aber mit so hollywood.frisuren und grazil nackt.füßig wie frauen in katalogen. und als ich dies bild freunden zuhause zeigte, fanden sie das sehr lustig. wie also das bild plötzlich genau das nicht zeigte, was das im frühjahr noch verlassene waldbad freundschaft gezeigt hatte, nämlich eine vor.freuende erinnerung von sehr heißen sommern, wo man in haideburg den ganzen tag in bade.hose rumgelaufen war, als enkel und kind und glücklich, an kommende sommer. vielmehr jetzt eine witz.figur zeigte, traurig verschossenen clown vor leerer bühne. wie also bild nicht abbild ist, wurde mir plötzlich bewusst.

und das bild von kohlrabis, die im garten wachsen, vom groß.vater bei der garten.arbeit mit dem haar.netz, das völlig unnütz war, weil seine haare längst schütter waren. und grau wie das bild von den gerade gelieferten dach.latten im leer gemachten, wasser.abgelassenen swimming.pool, brenn.holz im november, immer noch mit praktika im anschlag und also fotografiert. als ausschnitt, ganz nah ran, damit das bild in seinem kader mehr zeigt als in wirklichkeit zu sehen war.

1991, im zug auf der reise von berlin, auf der alten interzonen.strecke, hoffte ich, mit jener praktika bilder der grenze zu machen, die schon damals kaum noch erkennbar war. auch diese fotos sind unauffindbar, weg, verschossen, fehl.belichtet. und sind damit verlorene zeit, erinnertes vergessen – und unsichtbare front.


02.05.01.12:31:53
Gerd Wibberenz
unsichtbare front (1)

Lieber Ögyr,
am Tag der Arbeit, den ich privat für mich zum Ruhetag erklärt habe und wo ich kostenlos surfen kann, endlich mal wieder in "Schwungkunst" hineingesehen, nach vorher im Genuss von John Coltranes "Blue Train" und zweier neuer Lautsprecher, schwarze Ungetüme, die hoch-gewissenhaften Raumklang genießen lassen, und dann gleich über einen Satz in diesem Text gestolpert "das sammeln muss eine ursache haben", aber welche, und den Text über die Kamera und Eindrücke aus der DDR mit Vergnügen gelesen!
Herzliche Grüße,
Gerd Wibberenz


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