Do, 8.4.10 (Sa, 10.4.10, 5:08): KlavkiHettcheGoetzSchmidt

“… eine Art Textproduktion als Lebensteilhabe?”
(Thomas Hettche, FAZ, 8.4.10)

Den Arbeitstag lang mit E. an der Neuauflage von Klavkis gelben Heften gewerkelt. 16-Seiter plus gelber Umschlag im Reclam-Heft-Design. Fertig sind (in sieben Stunden Arbeit) “Der Wolkenhändler”, “Widerlegung des gesunden Menschenverstandes” und “Delirium”. Problem, das eigentlich einen mitgebloggten “editorischen Bericht” verlangte: Dass man im Zeitalter, wo Texte im wesentlichen digital vorliegen, kaum noch weiß, welche Datei die “letzter Hand” ist. Bei Klavki zudem das Problem, dass er ein Vielzitierer war, anderer wie eigener Worte. So wiederholt sich manches in unterschiedlichen Textkonvoluten und -varianten, und der Editor muss nun entscheiden, welche Wi(e)der-Holung er als solche editiert, welche er nur als frühere Variante tilgt.

Naja, wozu haben wir Literaturwissenschaft und wissenschaftliches Arbeiten studiert?

Nachts dann, während ich parallel mit Lilly skype (also auch wieder “das Netz” Text intertextuell vernetzt), im TV die Harald Schmidt Show, wo Rainald Goetz zu Gast ist (wegen seines jüngsten Buches “loslabern”). Sternstunde! Weil Schmidt sich im Interview einen Dreck um den sonstigen Zynismus, den das Mediale immer birgt, schert und mit Goetz wie im Kolleg anlässlich “loslabern”, in dem Goetz das Feuilleton 2008 durch den Wolf dreht, über Hettche diskutiert, der eben heute im FAZ-Feuilleton den Internet-Literatur-Diskurs, der u.a. durch Hegemann & Blog hip ist, ventiliert. Wo Hettche versucht, den Ball bewusst flach zu halten, begibt sich der ausgeschlafene Goetz (er hat noch im Backstage der HS-Show ein Nickerchen gemacht) fröhliche-wissenschaft-mäßig ins ganz bewusste Abseits. Auf Schmidts Frage an Goetz “Was ist das, was Hettche da schreibt?” antwortet er kurz und bündig: “Ja, Unsinn!” Aber natürlich ist es nicht Unsinn, weil Goetz ja Sinn daraus macht, dass er diesen Unsinn beobachtet. Es geht um das Verschwinden des Autors im Zitieren. Was an Klavki anschließt. (Und an mich.) Und es geht gegen den Literaturbetrieb, wenn er zu kurz schließt. Hettche freilich nicht – nur irgendwie konservativ bildungsbürgerlich, eben feuilletonistisch – meint Goetz. Die ganze derzeitige Debatte u.a. in der FAZ ist ein Witz, wenn auch ein intelligenter. Und Schmidt und Goetz arbeiten sich daran so sportlich ab, dass man sich freut darüber, dass da kein Publikum mitkommt, das die Debatte nicht mitverfolgt hat.

Und es geht um den Text hinter (oder in) dem Text, das Verschwinden im Text (oder hinter ihm), um daraus so blendwerkend jack-in-the-box-mäßig vorzuschauen, dass es verzwickt dialektisch wird. Hinzu kommt natürlich der Trash-Faktor. Ah, bin angefixt.

Hettche im Netz gelesen und manchesmal d’accord. Der Mann hat mit “NULL” 1999 einen vielautorstimmlichen Netztext fabriziert, lange bevor es Blogs gab. Goetz zur selben Zeit “Abfall für alle”, ich ein Jahr später “d.day – keine nacht für niemand”. Dennoch bisschen “pissed” von dieser Bemühtheit, dass ja all das überhaupt nicht neu sei, wegen der uralten Intertextualität (mein Lieblingspoetologem) u.a.

Beseelt davon in die Nacht, Pläne für einen ganzen Essay-Band im Kopf. Aus dem natürlich nichts wird: außer als Fragment und Querverweis-Dschungel hier im – hihi! – Blog.

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