Das Kentern

Mein Vater aber, diplomierter Schiffbau-Ingenieur, sagte und sprach heute beim Nicht-Tanz-Tee, sondern Kaffee-nachmittäglich (noch gerade nicht „blaue Stunde“) zum fast 50. (weil erst ach, und pfirsichen) Geburtstag seines Sohnes: Das gekenterte Schiff aber liege auf seiner Steuerbordseite, während doch die Havarie, wie Fernsehbilder der öffentlich-rechtlichen wie privaten Fernsehanstalten zeigten, auf der Backbordseite sei, durch das Kentern nunmehr entblößt – schlimme Risse über mehr als drei Abteilungen, also titanicsch in jedem Fall Sinkgrund. Warum aber, fragt er sich und uns, die Familie, zumal seinen physikalisch studierten Sohn, während seine Frau und meine Mutter wie auch seine Tochter und meine nicht minder beredte Schwester nur halb zuhören, gleichwohl Gesprächsfragmente entstellt aufnehmend antworten: Warum aber sei das Schiff, „der Zossen“, nach Steuerbord gekentert? Auferstaunen! Ja, wird gesagt und nachgefragt, interessante Frage. Der schiffbau- und daher auch wrackbau-versierte Ingenieur vermutet, dass entweder (a) das Schiff nach der Havarie 180 Grad hafenwärts gedreht habe, bevor es kenterte, oder aber (b) dass der Instabilität durch das Leck backbords vielleicht zu schnell und zu unkontrolliert mit Flutung von Ballasttanks steuerbords entgegengesteuert wurde und dass also so die vermutete Rettung zum Scheitern führte, weil „schwappende Wassermassen“ das Wrack nach Steuerbord kentern ließen. Wie dem auch immer sei, jetzt ist jedenfalls fatales Kentern zu verzeichnen – und zwar nach Steuerbord.

Ich merke noch kurz an, dass „Kentern“, gleich auf welche Seite, sich auf „Entern“ reime, was aber niemand versteht. Fakt ist, dass die Chose nach Steuerbord umfällig wurde, während die Havarie backbords erfolgte. Mein Vater, diplomierter Schiffbau-Ingenieur, seit 13 Jahren in Rente, fragt sich indes, warum sich keiner der Reporter – „deine Kollegen“ – solche Gedanken wie er als diplomierter Schiffbau-Ingenieur zwischen links und rechts mache. Ich antworte, wir „Reporter“ seien Ballasttanks, die „die Mitte“ stabilisieren, insofern unerfahren bei Kenterungen (nicht nur im Text).

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