chiff | rien 1

skizzen on site von „chiffren. kieler tage für neue musik“, 9. bis 12.2.2012, kiel, halle400. ich versuche, mich dieser neuen musik textfragmentarisch zu nähern, in echos eines anderen mediums, des – naja – lyrischen.

1: stillstand stille

arbeitshypothese | keywords: es geht um STILLSTAND am rand der STILLE, um STANDPUNKT und dessen erweiterung in linie, fläche, raum.

die bewegung aus dem stand bei helena tulve, „stream 2“.

standpunkt tiefe in wolfgang motz’ „de profundis“. streichquartett stand bei haydn (legendenmäßig) für: „vier ernste herren unterhalten sich.“ hier unterhalten sich zwei herren an gertenschlanken, magersüchtigen bassinstrumenten (fagott, bassklarinette) und neben einer adiposen trommel über deren gestreichelt tumben tod. klagelaute. ein requiem – nur für was oder wen und wann? das beste am tod ist seine stillende großmutterbrust. und großvaters pfeife, zigarre, stumpen: rauch „curlt“ in die stille, schwer bewegt.

die pause als greifbares des stehens in der schwebe. ein labil-stabiler akt eines gleichgewichtskünstlers in der stille. spannung beim publikum, stuhlkantesitzen. aussitzen des brüchigen, sein ausstand. „nichtswärts“ nennt das oliver korte. und NICHTSWÄRTS ist ein großes, toll klingendes wort. stammt von beckett: „rien nul“. später k- und t-konsonanten gesprochen von den streichern. ihr bogen formanten formend – noch. gegen den vokalenen klang die stille der konsonanten gesetzt. während der schreibe ich, man hört mich schreiben. mein stift macht einen konsonantischen klang in jedem strich und schreibt damit ein schweigen dem vokalen vor.

günter steinke, „Area II“, uraufführung: wie der standpunkt, der insofern die stille bleibt, als er ihr nur einen punkt, ein singuläres ereignis einbeschreibt. dann aber STRING, quantenklangmechanische linie und schließlich fläche. der raum in zwei dimensionen aufgespannt, weil ZEIT nur eine hat. die zeit zwischen noch nicht und schon, punkt, der linie ist, gerichtet. als raum. großes getöse dazwischen. und weil getöse nur, doch still. die „stille nach dem schuss“, oder davor. der schuss aber … ver(h)allend. und ich: falle hin in der fuge zwischen punkt, linie, raum und zeit.

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