schlummer-filet_06

apokaschlipse derer im nadelstreif: denn über nacht, so träumte mir, ward plötzlich hereinbrechende katastrophe, dunkelheit eines atomaren blitzes oder sonstiges sintfluten, das über bord kam, monsterwelle, hollywood-mäßiges einstürzen der kulissen, kurz: chaos. darin aufwachend sah er sich inmitten flüchtlings-treks, die zwar paralysiert, aber flanierten an den rändern der zerstobenen schaufenster, dem nachhall des berstend zerklirrens, apocalypso, tropisch, vorbei humpelten. als sei nicht das geschehen, was geschehen war. was war geschehen? was war aufzuzählen an noch lebenden wie leichen, die am sandigen pfad lagen, der sich wie einst in überhitztem sommer unter der schatten spendenden brücke schlängelte, heraus aus welkendem grün, hinein in das wüste der verdörrung, während im schatten darunter noch rostfeucht blühte, was auswärts-jenseits verglühte? ich gedenke meiner wie meiner art, geschlagen jetzt von jenem blitz mit einer art schneeblindheit, verdurstet an der ertrinkenerinnerung, die mir noch zwei zoll luftmeer hoch im verdunsteten glase blieb. an die zerstobenen häuser, welche die wege säumten mit jener seltsamkeit ihrer geschichten. entlang war er gehweggedankengegangen, einst, an friedlich thronenden uralten häusern, die im spalt zwischen gehwegspflaster und erster ziegelreihe am kellergrund zu erzählen schienen von jeder ameisenmeile, die aus solcher nun ruinen-fuge mühselig, doch fleißig kroch. am fugen-fuße alter häuser, im rechten winkel zwischen ziegel-siegelndem gemäuer und „wo eine villa ist, ist auch ein“-weg verwachsenheit von bis aufs dach, in die von einsamen dichtern womöglich bewohnten gauben, himmelsstürmender senkgerechtheit und der mit den jahren abgesackten waagerechten des trottoirs lagen schlummernd geschichten. verschweigend etwa die in den 60er jahren murmel spielenden kinder, pitscher, deren münzen abprallten, und nur, wessen münze nah dran war, gewann. wie falten in den nunmehr alt gewordenen gesichtern dieser ehedem am mauerweg spielenden kinder senkte sich die mauer in den keller, die unsichtbarkeit, die tiefe. mauerfalten, die wild zu wachsen schienen an jenem rand. homunkulische runzeln steinens, senkrecht an stein waagerecht. und er ging entlang, schaute zu beider böden und nahm es wie einen film wahr, stellte sich das vor, wie eine kamera an solcher nur scheinbar unscheinbarkeit zärtlich entlangstriche. streifend mit dem nackten fuß der mädchen auch die brennnesseln, das unkraut, das dort wuchs, unbändige lebendigkeit aus dem spalt drängend, das pflaster aufwerfend wie schorfkruste quillt auf der wunde. und das mauerwerk, wie es wuchs aus der und auf erden, verwinkelt, verdreckt, verwachsen wie geschwür am äußersten rande der straße, aufgereckt. eine vergeblich errichtete kathedrale, eingesunken aus dem himmel in die hier ganz sicht- und spürbare erde. die fuge, die grenze, die sich ihm nun auftat in ihrem bruch, im sturz der ziegelsteine auf das pflaster, die gebirgig den weg versperrten. und wie er stiege darüber, ich, an der verstaubten hand sie, gerippe fast, schwester zumal, botin aus ferner familie, die ihrem bruder nicht mehr traute. es sei denn, er reckte wie sie die alte, runzelige, vom feuer verbrannte, wie einst die mauern, die nun gebrochenen, hand aus der ebene empor. wie wir häuser bauen, steinerne, auf ewigkeit angelegte wohnungen, architekten einer behausung, welche die jüngsten unter uns, die gerade ebenen, aus decken bauen, weichen, wollenen, auf dem balkon eben noch stehender häuser. in welche behausung wir krieger kriechen wie tiere, die wissen, dass obdach nicht nur überleben ist, auch obacht der heimat.

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