schlummer-filet_10

immer wieder diese träume von langen tunneln. nach formol, das es selbst damals längst nicht mehr gab, duftenden schulfluren, anstalten, in denen man nach licht am ende oder pissoir zur erleichterung der blase rennt, vor den eigeneingeborenen kunstmonstern fliehend oder vor ich weiß gerade nicht was, sondern träume ihn nur, den horror solcher fülle. auf der couch der phänomenologie leicht deutbar, doch schwer liegend im magen wie in den kissen, die morgens vor ihm knutschend erwachen. die sonne scheint schräg tiefstehend über die daunengebirge, wirft schatten, die sich steiler erst gegen mittag verflüchtigen. nicht vorher steht er auf, den halben tag versäumt, wissend, wie lang ihm die nächte werden können. darin im loop geträumt dies’ steigen über gestürzte ruinen, hingefallenes, zerberstung, schrott jetzt nur noch. im fall eines langen gedächtnisverlustes, verursacht durch einen langen hyperschlaf, prügele ich mit einer axt ein auf den pflock, den stählernen amboss meiner immer noch zerträumten erinnerung. romanskizze fortwillig darüber hinwährend: willkommen in der zukunft, wo wir nach den posaunen jerichos, den „dies irae“, im elysium den gewissen augenaufschlag üben. an bord eines raumschiffs, dessen koordinaten wir uns weniger erinnern als an die apollo 11, die enterprise oder andere kosmische survival-mnemogramme. an piraten der vorzeit, raue gesellen, augenverklappte, rum-verdüselte. 15 mann auf des totenmannes kiste, yo!-ho-ho-hoppelnd. das besoffene der erinnerung, die planke, auf die ich mit verbundenen augen weit hinaus gehe, bis an den rand, unter mir kreisend schon die flossen der hai-Qs. was habe, oder besser: hätte ich an? nichts? oder das weißkleid der engel, womöglich die schreibfedern am rücken zu flügeln gebunden? trügerisch, so sagt man, seien die schatten. hier aufgewacht werfen wir keine auf den grund der flurplatten. und auch im spiegel sind wir nur schemen. erblindet vom nebel, der aus offenbar geborstenen röhren bläst ohnehin sein antlitz. ich taste. nein, zerborsten ist das verquecksilberte glas nicht. ein bildschirm zuckt, will was vermelden. er kann sie nicht entziffern, zeichen, chiffren, hieroglückskeksbotschaften, unbekannte sprache. weil ja auch „dertextistmeinhirtemirwirdnichtsmangeln“ immer gleich wieder nicht ewiges, ergo theoretologisches wort, sondern angewandte phonophysik ist, also das, wo es ein bisschen verdächtig angebrannt riecht, weil ein britzelfunkender rock’n’rollator an seinen graffiten schleift, das saitenspiel mehr stromgitarre als vollergeigenhimmel ist. wo der dichter sprichwortspielt, indem er „nichts anbrennen lässt“ auf dem schachbrett der sprache. und nichts unge-, wohl aber unerhört bleiben darf, was ihm „ein“-fällt und er itzt sogleich raus stürzt in den text, damit ja kein jota von dem vermeintlich seltenen und daher stets mutwillig dem versiegen abgerungenen „wortschatz“ verloren ginge. denn schreiben ist wie der goldschmied, der das, was er von dem goldenen ring abschmirgelt, den staub, zu dem wir bekanntlich alle werden werden, nur nicht so glitzernd, mehr irden, rostig, schmutzig, in der lederschürze in seinem schoß auffängt, um es hernach artig zum einschmelzen zusammen zu kehrwöchnern. wo von solch’ edlem dichterwort gehobelt wird, machen selbst die heruntergefallenen späne noch kasse, zeilenzahlen sich aus, haben kredit wie der kretin, der sie vielleicht einfach nur so dahersagte oder -schrieb. welches „daher“, das beiläufige, der dichter womöglich genau ansteuerte, den abrieb also, nicht das güldene arteabgefuckt. denn nur zermalmt, möchte er meinen, im staube seiner asche, zeige das gedicht sein wahres, weil licht vergrämmtes gewicht. im moment des erwachens, wo er nie weiß, ob noch lebendig oder schon tot, himmelwärts entflohen oder gauläffisch erdäpfelnd. morgenmeistens letzteres, samt schwere der lider, die sich wie kein sesam öffnen lassen. und auch der leib wie leichenstarr. schlaflähmung nennen das die physiologen, einen abwehrmechanismus dagegen, dass wir in den fortlauf-foot-fetisch-träumen tatsächlich ihnen davonliefen, den zehenwesen, ihre fersensporne wie hinkefüße kalkulierend. dann aber, während wir im park sitzen und in die sonne blinzeln, die als lonesome comboy ins abendrot reitet, fliegen die worte wie hörensagen, durchs hirn und wieder zurück, als wäre eben das schmetterlingshaft einfach: smalltalk unter geistesgrößen, die von ihren körperlichkeiten für den moment durchaus die ewigen wahrheiten zu substrahieren wissen. zwischen den lippen, durch die worte balletten, manchmal schwanengesangschwanger gereckt der hals der flasche des in solcher prosa poetisch prickelnden feierabendbiers.

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1 Antwort zu schlummer-filet_10

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