Mi, 16.6.10 (Do, 17.6.10, 1:33): projektionsprojektion

Weitere Skizzen zum Projekt Projektion. Mit Photoshop folgende selbstähnlichen Montagen erster

und zweiter

Ordnung erzeugt.

Dann bei Sommeraufgang am Balkon noch dies gebastelt. Schwenk in die Sonne hinterm Rathausturm auf dem iPhone “this is a recording”-recordet, dann die Wiedergabe dessen mit der miniDV-Cam abgefilmt:

https://youtube.com/watch?v=91l1ClSc1i0

Erstmal nur Vorstudien.

Derweil bin ich voll im Projektionsmodus der Projektion, wenn ich Carsten Klatte heute in der Schaubude wie folgt bespreche ((Alliteration in der Überschrift – Alliteration ist ja auch eine Art Projektionsprojektion)):

— snip! —

Rock’n’Roll mit “religio”

Carsten Klatte bekannte sich in der Schaubude zum Rock’n’Roll als Lebensart.

Kiel. Wer nimmt heute noch seine Musik so ernst, dass man dies mit dem alten lateinischen Wort “religio” belegen könnte? Nicht vordergründig im Sinne einer Religion, sondern als eine Haltung, eine Lebens-, Denkungs- und Bekenntnisart, so klingt Carsten Klattes Rock’n’Roll, wenn der aus Kiel stammende Berliner Singersongwriter seine Songs in der Schaubude präsentiert.

Als so fest an den Rock’n’Roll à la Bob Dylan oder Neil Young Glaubender ist man heutzutage in der Diaspora – oder auch “Happy Few”, wie eine der schönsten Hymnen des Abends titelt. Das ist nicht nur ein Liebeslied, sondern auch eines an eben diese “religio”, sich bewusst zu sein, dass man nicht Masse ist, sondern Mensch und als solcher immer wieder allein und existenzialistisch Geworfener. “We are killers on the lose, trying to produce the blues”, singt Klatte nicht nur mit seiner ebenso warm-sonoren wie im Schrei angenehm rau werdenden Stimme, er betet es.

Das macht das Hymnische nicht nur dieses Songs aus. Aber auch, welche Töne Klattes durchdachten Kompositionen und seine Band für solche Worte finden. Rock’n’Roll, getränkt vom Geist des Folk und des “Neowestern”, in welche selbst gezimmerte Schublade Klatte sich ehedem fügte, der seine harmonischen Fundamente auf komplex gedrechselte Akkordsäulen stützt und damit umso bodenständiger ist, weil man darauf ein Himmelsgebäude errichten kann. Wie Neil Black, der auf seiner Geige für ätherische Entrückung genauso wie e-gitarren-ähnliche Rock-Sounds sorgt. Erdige Grundierungen schafft Sebastian Scheibes fünfsaitiger E-Bass, der zusammen mit Klattes akustischer Gitarre, Geige und den blues- und zuweilen sogar jazz-inspirierten Beats von James Schmidt an den Drums einen für ein Begleittrio erstaunlich satten, manchmal geradezu symphonischen Sound erzeugt.

Klatte und sein Trio sind so – etwa auch in der im langsamen Walzertakt bezaubernd innig sinnierenden Ballade “Unbroken” (spontaner Publikumskommentar: “Superschön!”) – den Rock’n’Roll-Göttern nahe und wagen doch die Gottferne. Denn nur Nähe und Distanz im richtigen Verhältnis ebnen die Pfade und Plätze “In The Garden Of God”. Klattes Texte, stets dem auch Rebellischen der “religio” Rock’n’Roll verpflichtet, wissen um die endgültigen Verluste des Paradieses, auf das man allenfalls noch ein Requiem singen kann. Wo in glühendem Uptempo solche “Good Ol’ Ties” abgeschüttelt werden, flirtet Klatte mit den düstereren Varianten der Schau durch Himmel und Höllen: Nicht nur in “All That Blues”, worin er die Motive eines Selbstmordattentäters erforscht, der am postmodernen Fehlen von “religio” und damit Sinngebung verzweifelt, auch mit “Godlike”, dem in seinem Brückenschlag zu Nick Cave und der Poetik Blixa Bargelds wohl interessantesten Song eines Rock’n’Rollers aus und in Passion.

— snap! —

Bildimklangimkopfzersprungen nun in die Projektion Bett projiziert.

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