vor 95 jahren:
„Di, 11. März 1919: Brief von Theo. Er meint, seine Sache steht gut. Die Familie Sörensen ist auch verhört worden in Schleswig. Rechtsanwalt Elsner hatte an Theo geschrieben, es wäre nunmehr eine Amnestie für Disziplinarstrafen [?] heraus. Das wäre ja fein. Theo meldet ferner: Vor etwa 8 Tagen bekam Vater mittags einen Schuß durch den Kopf und wurde kreideweiß im Gesicht. Es sind Vorboten eines Schlaganfalls.
Mi, 12. März 1919: Ein Zeichen der Zeit: Auf der Kaiserlichen jetzt Reichswerft waren 2 Motorboote und 1 Schwimmkran gestohlen. Marineflieger suchten die Ostsee ab und fanden die Gegenstände auf dem Wege nach Dänemark. Auf der Reichswerft geht alles drüber und drunter. Die ungeheuerlichsten Diebstähle sind an der Tagesordnung.
Dienstag, den 11. November 1919 (vorletzter Eintrag aus Nicolaus Andersens Tagebuch): Durcheinander. Um 1/2 12 gehen vor Schluß die meisten Arbeiter nach Hause.“
heute:
um einhalbdrei fertig nach hause.
wo ist das, gegebenenfalls
für arbeiter der stirn und der faust?
jedes jahr wieder, wenn
die tauben gurren: märzrevolution.
trunken werden, nachtigülle.
durch die harms ehemals hochgewankt
aus der hopfen zum papenkamp.
die mädchen unten, vor dem bürgerbergstieg
nach hause geschickt. kuss nicht
gewagt. pinkeln an hauswand,
wo sie’s nicht mehr sehen kann.
zuhause schrift und die zylinder
aus schäumendem, so oder so.
und kraut geraucht, viel zu frühblütend.
und irgendwann gewankt
bettwärts, strunzschüchtern.
gewusst, wo anderer bartel
den most holt und wringt
aus sich den süßen saft
der liebenden an den gräbern
jeder revolution, die auch heute nicht
stattfindet, anstatt
restauration am morgen:
das blöde noch aufwachen.
und die übungen mit den beinen
der beiden, ehedem.