27-2-95, 0:48

diarium schwieg wieder zu lange, hat die entwicklungen versäumt, die über es hinweggerauscht, nachzulesen im briefwechsel (e-mail) mit ww.

mit e in debussys „peléas et mélisande“. der zweite gemeinsame besuch im opernhaus. alles gesagt im hintergrund, also einfacher. und dennoch sk zittrig bis ins gebein, vielleicht auch nur nachwirkungen von der lektüre von erik fosnes hansens „choral am ende der reise“, der ihm das titanic-buch weggeschnappt hat. sk hatte erstmals seit langem ein ruhiges wochenende. keine arbeiten, die unbedingt noch zu verrichten waren, dafür trauer, die sich in halbherzige arbeit am stück (schwarz-weiss-roth) goß. doch es war zu ruhig. i&i weg, kaum gespräche mit menschen, also eingemottet in das eigene schauen, bach („fürchte dich nicht“), schwarz vs. friseusel im stück. eigentlich alles auf e an diesem abend hintreibend. du sollst nicht verliebt aussehen, sagt sich sk. aber dann steht er klein vor ihr. warum machst du dich immer so klein, wird darüber im stück stehen, von friseusel gesagt. sk ist heftigst verliebt. er sieht e an, er möchte ihr um den hals fallen, alles hingeben an sie, bedingungslos. er hat aber keine solchen bedingungen zu stellen. er gibt sich verbindlich. in der pause stehen sie im foyer und rauchen. sk raucht, e will nicht. später raucht sie in der „bazille“ eine nach der anderen. sk wird gegrüßt und grüßt zurück von der neuen theaterleitung. man kennt ihn. sk fühlt sich wohl. ein gewisser glanz der mitwisserschaft umgibt ihn. premiere! er ist wer. er steht da in schöner bundfaltenhose, mit schwarzem sacko und rauchend. er fühlt sich gut, kaum noch unsicher. er kann mit e sprechen, braucht nicht mehr zu reden, nur sprechen. und e ist auch verbindlich. sie spricht nur manchmal zu leise, und sk versteht nicht gleich, kann das aber überspielen. er hat den eindruck langer freundschaft zu e. man braucht nicht mehr viel zu sagen. dinge sind geklärt. e mag sk, das merkt er. sk liebt e, das merkt sie. so ist alles klar. während der aufführung möchte er vielsagend bei liebesszenen ihre hand greifen. er tut es nicht. warum? was könnte schon sein? sie würde sie zurückziehen. na und? sk ist schüchtern. e ist schüchtern. alles ist klar zwischen ihnen, und daran leiden sie. e hat angst vor irgendeiner attacke sk’s. sk hat angst vor der angst e’s. man ist sich nahe. man sitzt immerhin neben einander. e findet das gut, was ihr durch sk zuteil wird. sie meint, dankbar sein zu müssen. sk ist dankbar, neben ihr einige stunden zu sitzen. er kann der aufführung folgen. die oper wirkt abgeklärt. die tragik wirkt notwendig und wird kaum mehr hinterfragt. sie ist klar. sk wiegt sich in diesem gefühl der klarheit. e ist klar, die oper ist klar. keine erklärungsnöte. sk geht damit um, meistens hilflos, aber oft auch recht virtuos. nachher in die „bazille“. dort sitzen sie über zwei stunden bei wenigen getränken. e erzählt. sie scheint auch nicht aufbrechen zu wollen. e erzählt von ihren eltern. und wie sie dagegen leben will. e will anderes, als ihr vorgelebt wird. sk denkt, e ist tatsächlich eine von meinem schlag. viel trennt uns, aber das unbehagen ist dasselbe. verschiedentlich kann er ihr in die augen sehen, besser als vorher im theater, wo es weniger gelang. ihre augen sind schön. sk schmilzt, sk möchte schmelzen, sich auflösen vor ihr, dann von ihr getrunken werden als nahrhafter drink. oder so ähnlich. einfach in ihr verschwinden. weg sein, sie sein. verschmelzen, oder so. sk erschrickt über der einfachheit dieses gefühls, das er sich komplett erklären kann. warum schreibt er jetzt davon? warum huschen seine finger, nun, hinterher, über die tasten, um das festzuhalten, auf ewig, damit er es später verwende. es werden tage kommen, wo er nichts mehr von dem gefühl wissen wird, was ihn jetzt erfüllt, wo er es aufschreibt. er kann es sich indes nicht vorstellen, daß solche anderen tage kommen werden. er liebt e. er ist in seinen gedanken zu oft bei ihr, als daß sich dies leugnen ließe. der „hecht“ in überlingen. e’s heimat, die keine ist. e ist heimatlos wie er. e wäre jetzt eine heimat für ihn. e weiß das nicht, weicht davor zurück. sie sucht. sie sucht jemand anderes als ihn. aber sie scheint zu zweifeln. deutlich sind sk’s zeichen. er gibt ihr eine kopie des buchs esther aus der bibel. ihre namensgeberin, die die juden errettete durch mut, den sie sich selbst abringen mußte. könnte sie nicht sk retten? seine zeichen scheint e alle zu verstehen, verstört ein wenig, aber sehr aufmerksam. als sie aus dem theater kommen, ist sk fast fröhlich, euphorisch. er ist glücklich, obwohl er trauern müßte, so hieß es in der oper. die vermengung der gefühle. die nähe e’s löst bei sk eine kaskade von ihm eigentlich fremdem aus. er ist bei sich und doch nicht. er ist verwirrt und doch ganz klar und gefaßt. e löst etwas in ihm aus, das er noch erforschen muß. erforschen heißt, er wird es aufschreiben, er wird ein brimborium von worten drum machen. sk ist sich sicher, daß e die verstehen wird, ansatzweise, verwirrt davon, aber sie wird verstehen WOLLEN. sie interessiert sich für sk. sie liebt ihn nicht, aber ihr interesse heftet sich an ihn, den seltsamen. weil sie ihn nicht ganz versteht. das ist das gemeinsame, das dranbleiben, weil da etwas ist, was man absolut nicht versteht, das verstehen wollen, mit aller kraft. e ist ihm seltsam nahe. und vielleicht geht es e genauso. sie kann damit nichts anfangen. aber da ist etwas. da ist sk. e ist da, sk ist glücklich. sie will von ihm nicht mehr als diesen gelegentlichen austausch, das weiß er. aber sie ist da. und sie mag es, da zu sein. sk ist glücklich. die lichter am himmel, die lichter der stadt, seiner stadt, die er so gut kennt, deren insides er kennt. sk fühlt heimat. e ist da. sk fühlt heimat. was sie erzählt, geht ihn an, ist sein. er kann es nachvollziehen. da ist eine fremde, die jetzt überwunden wird. zweieinhalb stunden sprechen sie. ein wort ist anknüpfung für das nächste. kein schweigen, nur das des atemholens. sk ist glücklich. e wünscht ihm beim abschied einen guten schlaf. keine bloße höflichkeit. es ist der wunsch der vertrauten. sk geht heim. sk ist glücklich. e fährt in die andere richtung. was denkt sie?

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