sk litt mutwillig. mit einer flasche wein intus und dem dope am hals, mit nacktem oberkörper, westbam überlaut im ohrhörer. es will nicht heimisch werden. e lächelte ihn an. er werkelte in files herum, probierte und kopierte. sie war zurück aus dem ausgehen und schaute noch bei ihm vorbei, meldete sich quasi zurück. als sie gegangen war, saß er im wg und versuchte zu leiden. anlaß gab es. die alte dame [(groß-) tante emmchen] war [in ihrem 91. lebensjahr] gestorben (so ging das also ins diarium). sk wollte schreiben, was das zeug hielt. er gab sich hin. nun doch heimisch? im neuen zimmer das alte leiden am leiden. immerhin konnte er, wenn er klein schrieb, mit einem finger tippen. auch das ging recht rasch. der technobeat schritt fort in einem der vielen loops. so tippte er, was das zeug herhielt. angeheizt durch das zu wirken beginnende thc.
die erste woche mit e ein paar meter weiter war hin. zum schreiben war er kaum gekommen, obwohl der arbeit halbwegs entledigt. doch er sollte alles aufschreiben in endlosen nachtsitzungen, während sie schlief. sie schlief jetzt, das gab ihm sicherheit. am handrücken hatte er das zeichen des vampirs. wie er jetzt saß an der neuen tastatur, war ihm sicher zumute. die flucht in den rausch war erneut, auch heute, gelungen. ob er den neuen geburtstag noch erleben werde. e ward geboren am 4. november 1970, mehr als ein halbes jahrzehnt ihm entlehnt. doch dann saß sie da, auf dem sofa im wg. westbam bastelte seinen beat auf zunächst vier, dann sechs tracks zusammen, ebenfalls an diversen tastaturen, den schnittstellen zur aufbewahrung. sie saß also. über ihr breiteten sich ein weißes t-shirt und eine karierte latzhose mit karos (wie der name kariert schon sagt) und langen beinen. die füße bedeckten die üblichen turnschuhe, wovon sie diverse paare zu besitzen schien. sk war mitten darin, sie zu beschreiben. das wollte er doch nicht. sie aber schlug die augen auf oder band sich das haar hinten zum zopf. sie wartete auf ein piece von ihrer schwester, die hieß j, das war die jüngste von, sk meinte, dreien.
so kam trotz der gewaltigen trennung der beiden eine gewisse herzlichkeit zwischen ihnen auf. sie hatte gesehen, wie er sich bemühte, ob des anlasses zu leiden, und nahm so weit es ihr in ihrer ganzen schüchternheit gelang, anteil. dies geschah mit einer für sk so rührenden hilflosigkeit ihm und seinen zuständen gegenüber, daß sie etwa ihn auf das sofa hingekrümmt sehend fragte nach der enge des verhältnisses der verstorbenen. sk wußte, es war erstaunlich eng gewesen. eine enge, die er als ferne wahrnahm, während es bei ihm und e sich genau reziprok verhielt. er sagte, er sei sehr traurig. sie aber sagte, sie wisse auch nicht, was SIE da tun solle. sie aber sagte: „ja, da weiß ich auch nicht, was ich da tun soll“ – ob seiner traurigkeit. dies war eine so unmittelbare anteilnahme an ihm, auch an seiner person, daß ihm allein darob fast die tränen gekommen wären, die er so hartnäckig auszubrüten versuchte. natürlich hätte er schreien mögen, daß sie ihn in den arm nehme, daß er seinen kopf auf ihren bauch legen dürfe, um bitterlich darauf zu weinen, so daß es sie kitzeln mochte. sie aber lachte nicht. und als sie heimkam – wobei er nicht wußte, ob er dazugehöre zum heim – trat sie bei ihm ein, ob er immer noch schreibe. natürlich schrieb sk immer noch, es war jetzt 4 uhr 24. aber da schrieb er nicht, sondern saß vor dem apparat, der zauberte. der loop entfaltete jetzt eine fast magische wirkug. nein, es gehe ihm schon wieder besser, sagte er, wollte sagen, er schreibe ohnehin nur, wenn es ihm schlecht gehe. und genau das war der fall. sie aber sah die leere flasche und fügte hinzu: „nach ner flasche wein“. er aber solle gut schlafen, was er, sk, natürlich genau nicht tat, sondern tippte wie ein irrer. all das blieb vorhanden. nichts konnte verloren gehen. er aber schrieb.
seine furcht ihr gegenüber wich langsam. er konnte fast schon einfach mit ihr sprechen. dennoch war alles, was er sagte, meist bedeutungsschwanger in der hoffnung, sie möge das bemerken. sie hingegen konnte das nicht bemerken, weil er selber es immer erst im nachhinein bemerkte, daß nämliches dieses und jenes auch so und so ausgelegt werden könnte. niemand aber legte es so aus, so daß es liegen blieb, höchstens hier dann bedeutung schuf. ob sie noch schliefe. sie aber wanderte nachts aufs klo und mußte sein dauerlicht gesehen haben. sk war die haltbare graugans. er sah sich zb im spiegel an. „schreibst du immer noch?“ er aber schrieb immer. er aber schrieb immer noch, er aber schrieb immer noch nicht.
jedoch ihre augen waren kaskaden, die standen weit. und ihr mund war eine dünne lippe. und sie war sehr groß. dann lümmelte sie auf dem sofa. sie konnte durchaus lümmeln. das neue zimmer war noch irgendwie fremd. konnte es heim werden? am abend und in der nacht ließ er die tür jeweils so lange wie möglich geöffnet. daß sowieso jeder, der oder die wolle, immer hereinkommen könne, sich alles nehmen könne. denn es sollte ein sozialistisches zimmer daraus werden.
was er schrieb, hatte das überhaupt füße? genau das war die frage, gegen die man nur mit dauerndem schreiben im rhythmus des beats und der gedanken an sie antworten konnte, um sie zu annullieren. jetzt kam ihm allerdings in den sinn. der beat war jetzt beruhigend eher, überhaupt nicht auffressendes bambambam. die sirene als musikinstrument. es war erstaunlich, daß ein krachmacher sirene hieß, denn die waren ja der sage nach so betörend, daß man sich die ohren mit wachs veschlösse oder an einen mast sich binden ließe. wenn sie ihn jetzt so sähe, wie er fast manisch tippte, was nur ging, kein wort verlierend, weil völlig auf den beat eingestimmt. wie ein roboter mit langsamer speichereinheit bemühte er sich. alles um ihn war durchweg natürlich größer als er selbst. das war u.a. das problem. das geklapper der tasten konnte sie bis zur 5 meter entfernung nicht hören. wenn sie aber zufällig hereinschaute und sähe, wie er schriebe. die haltung des schreibens jetzt: leicht eingesunken, kopfhörer am schädel, nur eine seidene, tieflilane boxershort an. der mund ohne fluppe offen und nach unten gezogen in einiger konzentration. worauf eigentlich konzentrierte er sich? der urlaub, in dem er sich befand, war immerhin dazu gut, daß man dieses noch ein weilchen so fortsetzen konnte. würde er erst bis zum morgen durchhalten, sähe sie ihn noch, sie würde denken, schon wieder, wenn sie ginge zum bad, das seinem zimmer gegenüber lag. imgrunde war es eine liebesgeschichte, die er hier ausbreitete, eine total einseitige, nicht zuletzt deswegen, weil sie aufgeschrieben wurde. er protokollierte lediglich. das konnte ihm keine vorhalten. zb daß er sich etwa nicht bemühe. nein, er bemühte sich wirklich.
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