23-9-95, 1:57

nachdem bekannt geworden war, daß e mit jenem j herummachte, hatte sich sk abgewandt, wenig enttäuscht, eher in einer entsagenden zurücknahme, und in heftige arbeit gestürzt. tagelang war er nachts zu werke gewesen, zu unmöglichen zeiten, die er hatte möglich machen müssen. e hatte das offenbar bemerkt. aber sk tat so, als scheine er sich nicht drum zu kümmern. und fühlte sich brauchbar dabei, in einer stillen einsamkeit und natürlich im vollsten recht. sollten die alle sehen, wo sie blieben. sk gewann in diesen tagen etwas von autorität, von dem alleinsein des großen, das beachtet wurde, halb mit besorgnis, halb mit einer bewunderung, die das, was er tat, letztlich für gar nicht möglich hielt, diese ausdauer, das sich peitschen und kasteien.

nun aber hatte ihn eine sumpfdottrige erschöpfung ergriffen, der unbedingte wunsch, nur noch zu schlafen, bedingungslos und mit in dem im seil hängenden kopf, der im rhythmus der bewegungen willenlos hin- und herfiel. diese erschöpfung war so stark und übermenschend, daß sogar die flucht des rausches von ihm wich und zu einem ebenfalls ermüdenden ritual verkam. er soff und rauchte, aber lustlos, eingemeindet und jeweils danach zu tief und traumlos schlafend. die gedanken an e waren verseltet, sie wich aus seinem hoffen. zwar trat sie immer wieder ein stück hinein, wenn er sie sah oder mit ihr sprach, doch schien sie ihm gänzlich unnahbar und nicht so vertraut wie noch in den letzten heißen tagen des augustes. nicht einmal mehr, daß ihn das sonderlich schreckte. er gab sich einfach hin diesem trägen rhythmus des wechsels von totaler arbeit und totalem schlaf. wenig drang zu ihm. er tat, was zu tun war. er tat das gut und mit hoher präzision, das mitten heraus aus der erschöpfung. er arbeitete fast besser als zuvor, weil bedingungslos und wie ein gut geschmiertes getriebe. dennoch die erschöpfung, das leidsein, das ermüden, dem er nichts zollte, sondern einfach weitermachte, noch mit den sich schließenden augen, mit denen er nach wie vor das notwendige, das drängende sah.

die lilien wuchsen. bald wäre zu ernten. dabei hielt er sich gleichwohl halbwegs am leben, aß harte birnen (was gesund sein mochte), rauchte, trank rauhe mengen alkohols. sein schlaf war tief und so trotz der kürze halbwegs erholend. die letzte nacht hatte er 6 statt der üblichen 4 stunden geschlafen. überhaupt war der schlaf ein haushaltsgegenstand wie alkohol, nikotin, koffein und thc. er setzte diese drogen nicht zum genuß ein, sondern um hauszuhalten, das dach dicht zu halten, das licht am leuchten. die droge war nicht flucht, sondern bei der jeweils zu tuenden sache bleiben. er gestattete sich nichts, keine exzesse, er lebte jetzt mit diesen dingen, blieb am leben, und das brauchbar. so litt er auch nicht eigentlich, hatte vielmehr zu tun, dies als eigentliches leiden zu vergegenwärtigen. und die ahnung beschlich ihn, daß es dann auf einen (nicht den) rest ging, wenn das leiden begann, bestandteil der arbeit zu werden, indem es in ihr fast vollständig verschwand, unkenntlich wurde und nicht mehr zu benennen, geschweige denn zu dichten. so kamen wdl auch nicht voran. er schritt mit konsequent gleichem maße des schrittes, ohne daß abstand wuchs (bis vielleicht auf der zu e). er verlor sein schmachten und war einfach nur folgsam und artig.

auch die politik betraf das. die lust zu streiten verschwand, ebnete sich, als gehe ihn das nicht an. wie von früher kam das her. alt, gewohnt, zu tun. er tat. er tat, wie ihm gewachsen war. in ihm keine leere, sondern erfülltheit, vollständige, durch seine werkzeuge. eine riesige fabrik in sich, in der faulheit abgeschaltet war, nicht eingesperrt, geknebelt, nein, weg einfach. er schmolz nicht, er starrte aus, kristallisierte.

er starb aber nicht. kein tod weit und breit (kaum in rausch und schlaf auch). er war imgrunde völligst nüchtern, satt und nicht mehr durstig. wer, wenn denn, hätte ihn auch getragen, wie einen toten schwer? nein, er ging leichtfüßig, entschlossen. das konnte man sehen.

so verbarg sk, wo nichts zu verbergen war, nicht weil offen, sondern weil nicht vorhanden.

eine schlimme zeit also. er schlief.

2:27

Dieser Beitrag wurde unter di.gi.arium 1995 - revisited veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.