Sa, 22.5.10 (So, 23.5.10, 1:39): Treppauf

Schon wieder blaue Stunde. Für meine Verhältnisse früh auf, weil die Raumpflegerin kommt. Bin aber noch gebläut vom Schlaf und kommunikationsarm. Geflohen daher, um die defekte Brille (Bügel ab) zum Optiker zu bringen. Dachte, der schraubt da was, dann ist sie wieder ganz, aber nein, muss eingeschickt werden. Jetzt also Wechsel zwischen Ersatzbrillen, eine für fern, eine für nah.

Fahrstuhl kommt nicht, daher zu Fuß treppauf, befürchtend, außer Atem zu kommen. Ist aber nicht, bin stoisch steigend und laufe, denkend in Bläue noch aus dem Traum, bis in den 4. Stock. Kurz orientierungslos. Aha, Abzweigung zum Laubengang verpasst.

Kohlrausch-Knick, Diskontinuitäten, nicht differenzierbare Treppenfunktionen des Denkens, Sehens, Empfindens. Ganz seltsame Stimmung den ganzen Tag.

Verscheucht mit den verzettelten Brotjobs. Dann los, vom Fotografenkollegen an der so genannten KAISERTREPPE am Hauptbahnhof in seinen Kraftwagen aufgenommen, zum Lutterbeker. Dort kühle Notizen zu emotional gemeinten Chansons, deren Texte mir aber zu leer erscheinen. Schlechte Reime. Alles zu einfach, zu durchschaubar.

Wieder wach, sozusagen, erst, als ich auf dem Rückweg weiter an das Nachtsichtgerätprojekt denke, als ich die Treppe aufwärts gehe, die vom KN-Gebäude zur “Hohe Str.” führt, ein Ministräßlein, das ich über die Woche x-mal gehe. Jetzt, nachtdämmernd, ein heftiger Anflug von klaustrophobischem, aber als kreativ impulsiv empfundenem Fremdheitsgefühl in der vertrauten Umgebung. Halte mich – mit Beschluss, damit es symbolischer ist – am Geländer fest und sage fürs Protokoll: “Uff”. Dann Foto.

Steigverwackelt, an der Empfindungsschwelle des Fotosensors. In Photoshop kontrastiert wird die Bildinformation sichtbar. Treppauf. Im selben Moment kommt Surr-SMS (daher die Verwackelung) von Lilly, dass sie jetzt in Schlummer sich legt. Plötzlich wieder vertraut mit Welt, die sich – Kohlrausch-Knick – wieder mit Farbe füllt, mit Lilly-Farben. Am Knick der Waisenhofstr. angekommen Blick auf die Ostseehalle, woraus noch erregte Zuschauer fluten. Gefühl von Vertrautheit plötzlich nach dem der Verfremdung eben. Vorbei am dunklen Fenster von “Gleis 7”, dem Modelleisenbahnergeschäft mit den Faller-Häuschen im dunklen Fenstergähnen, heimwärts, ohne Fahrstuhl treppauf. Dort kein Licht gemacht, im Dunklen gesessen noch eine Weile, lauschend meinen mainachtsichtigen Augen.

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