So, 10.10.10 (Mo, 11.10.10, 4:45): Schnappszahl europäisch noctörnend

Zehnzehnzehen, obwohl sich golden-oktjabernd-sonnig orgasmisch krümmend, verschlafen die Zahl des bereits verfrüht eingenommenen Schnappses samt seiner Betablocker. Morgens los, wie auch immer aus den Federn, das brünettblonde Ushachen aus ehedem-epidemischen WG-Vergeschwisterungs-Zeiten sprechend, derart verdichtet in der vom Sonntagnachmittagsschlaf vorgeschlafenen Nachtschreibe, die Zehen, „curly“ Krümmung:

— snip! —

Ein Erbe ganz Europas

Das Ensemble FarbKlang brachte im Studio-Filmtheater polnische Musik nach Europa und darüber hinaus.

Kiel. Chopins volksliedhafte Vertonungen von Gedichten seiner polnischen Dichterfreunde hat er selbst nicht veröffentlicht. Vielleicht auch, weil sie ihm, der bereits als 20-Jähriger nach Paris und Wien „emigrierte“, in die damaligen Zentren der Kunstmusik, zu „lokal“ erschienen. Wie das Ensemble FarbKlang bei seinem Matinee-Konzert als Spätlese des polnischen Kultursommers im Kieler Studio-Kino zeigt, ist aber gerade derartig „Regionales“ die Wiege einer gesamteuropäischen Kultur.

Als Chopin in seinen Jugendjahren mit den polnisch-jüdischen Klezmorin seiner Heimat geradezu „Jam-Sessions“ veranstaltete, nahm etwas einen Lauf, das später im Jazz Grenzen überschritt und heute in der Weltmusik ankommt. In seiner „Nocturne cis-Moll“ nahm er Polyrhythmik und den Groove des Jazz vorweg, und ergo hat das Werk keine Opus-Zahl, wurde von seinen Exegeten, die Chopin auf seine Klaviermusik und die romantische Klassik reduzierten, „rhythmisch angeglichen“. Grenzziehungen zwischen so genannt „U“ und „E“, die Christine K. Brückner (p., akk. und Komposition), Volker Linde (git., akk.), Usha Hoernes (voc., akk.) und Katja Reusch (voc., Blockflöte) aufheben in einem Crossover, das nur in alten Kategorien als solches benannt werden kann. In ihrem Konzert aus klassischer, Folk- und Filmmusik werden die Grenzen nicht „crossovernd“ überschritten, vielmehr macht das Quartett hörbar, dass es die Grenzziehungen eigentlich nie gab.

„Das ist ein Kosmopolit“, sagen sie daher auch zu manchem Lied, das schon immer ein – wenn auch regional geprägter – Europäer war. Etwa „Edelezi“, ein Lied der Roma, das sich seit den 20er Jahren in Windeseile auf dem ganzen Balkan und darüber hinaus verbreitete und in Emir Kusturicas „Time of the Gipsies“ filmmusikalische Verewigung fand. Nicht minder das jiddische Traditional „Miserlou“, das den Rembetiko in ganz Europa salonfähig machte. Nicht zu schweigen von dem Aufgriff der Musette wie des Tangos in den Filmmusiken von Georges Delerue und Boris Bassiak (Truffaut: „Jules et Jim“), Yann Tiersens Musik für „Die zauberhafte Welt der Amélie“ oder Zbigniew Preisners Soundtrack für Kieslowskis „Drei-Farben“-Trilogie.

Dieses einnehmende Erbe ganz Europas regiert, wenn FarbKlang sich in ihrem Programm „Polen in Europa“ durch beide schürfen, wenn sie musikalische Beziehungen offenlegen, die den Kontinent formten, prägten und seine Grenzen in ein jeweilig Diesseitiges verwandeln. Ein Gemeinschaftserlebnis, das auch der gegenwärtigen Diskussion über Integration einen klingenden Beitrag liefert: Integration ist nicht Assimilation, sondern Wahrung der je eigenen Kulturen im Konzert einer schon immer vorhandenen Einig- und liebend respektvollen Zwei- und Mehrsamkeit.

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