Sa, 23.10.10 (So, 24.10.10, 3:09): Tag am Meer

Lese nach, was mich vor genau zehn Jahren bewegte, und stelle fest: Auch nah am Wasser gebaut, auf Terrain, das ständig von Überflutung bedroht ist, prekärer Sumpf. Allein, darauf die Hütte schwankend sieht heute anders aus. Atmo-Bild dafür gestern geschossen, mit dem iPhone auf dem „Way back home“, aus dem Lauf, nicht aus dem Stand:

Die Formen des Untergehens haben sich geändert, nicht seine Drohung. Wenn auch letztere milder geworden ist. Kann mir z.B. wie heute leisten, einen ganzen Tag zu verdaddeln. Davon geht die Welt nicht unter, das Inseldasein auf ihr wird nur bisschen landuntriger.

Wikipedia-Exzesse als Projekt Bildung. Oder Vorbereitung für zu schreibende Artikel, die dann doch nicht geschrieben, auf morgen verschoben werden. Zapp-Orgien im TV, weil auch da überall „Material“ für Poesie lauert, wenn man es nur richtig anschaut.

Etwa Gunter Gabriel, seine chronischen Comebacks aus ebenso chronischen Abstürzen, deren selbstaggressive Struktur mir vertraut ist. Ein Untergeher, der aus dem Ertrinken seine Energie bezieht und poetisiert. „Vor dir steht im Regen, was von mir übrig ist. Du kannst es alles haben. Ich geb’ den Rest für dich“, singt er auf dem neuesten Album, das er mit Bezug auf Johnny Cash, mit dem er in dessen letzten Jahren befreundet war, mit „German Recordings“ untertitelt. Der olle Recke des deutschsprachigen Country ist mir auf einmal grundsympathisch, und Tränen fluten meine Knopflöcher. ((Aside zur Kunstdiskussion: Das ist, selbst in seiner die Posen kalkulierenden Überproduziertheit, Kunst, weil man ganz deutlich ein Wollen spürt. Weniger die auf Wirkung angelegten Mittel als ihre Ursache sind künstlerisch.))

Tag am Meer (mit Lilly als Küste), jetzt in der Nacht die ungereimten Rinnsale:

— snip! —

tag am meer in mir,
von kombüse zu kajüte
geschwojt, strohhalm in der bilge.

den leuchttürmen
die linsen geputzt
und lampen geklaut zum laterne gehen

hier im dunkel
einer meerestiefe,
ins marianengraben abgetaucht.

nacht im meer an mir,
die köpfe der medusen
zählend und umarmt von den tentakeln

als tintenfisch,
der kopfgeburt aus armen,
wechselbalgend mit der tinte farben:

rot und schwarz
und grau, weil blau das meer,
und manchmal gischtend weiß wie unschuld.

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1 Antwort zu Sa, 23.10.10 (So, 24.10.10, 3:09): Tag am Meer

  1. Was das den? Alter so ein Müll

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