Fr, 20.03.2020, 21:17

Angesichts der Losung „#staythefuckhome“ und der Leere draußen in den Straßen habe ich ein ständiges Sonntagsgefühl – oder Weihnachts- und Zwischen-den-Jahren-Gefühl mit Familien-TV-Vierteiler „Zwei Jahre Ferien“. Ferner denke ich an den Unterschied zwischen Sonntags- und Samstagsgefühl der jeweiligen Nachmittage in meiner Jugend. Sonntagnachmittag trug immer schon die Androhung des Montags in sich, also baldiger Wiederbelebtheit, während der Samstagnachmittag noch die Verheißung eines ganzen weiteren so genannt freien Tages barg. Insofern passt für die Tage jetzt „Sonntagsgefühl“ besser, weil es die Unruhe und Ungewissheit der nahen Zukunft enthält.

Überdies ist jetzt die autoritäre äußere Struktur da, von der ich am 11.03. sprach, insofern auch ein Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit und Ordnung in all dem Chaos (in mir und meinerselbst). Und doch der Zweifel, ob ich „auf der richtigen Seite“ bin. Zumal die Propaganda (so empfinde ich die Appelle und Verhaltensempfehlungen, auch die „guten“) bei mir das Gefühl triggert, ich sei schlecht, überflüssig, schädlich und müsse daher am besten zuhause und weg bleiben, nicht dazwischenpfuschen, wo „die Held*innen des Alltags“ gerade die Welt retten. Dies Gefühl liegt (mir) insofern nahe, als die Propaganda jede*n als potentielle*n Virus-Träger*in und damit Gefahr für die Allgemeinheit zeichnet. Solche Schuhe, nicht nur unwert, sondern auch noch schädlich zu sein, ziehe ich mir besonders gern an, weil sie mir wie maßgeschneidert erscheinen. Dauernd belaste ich irgendein System, entweder indem ich eventuell das Virus weitergebe, indem ich einkaufe (auch etwas, was knapp wird, anstatt es anderen zu überlassen) und jetzt auch noch, indem ich im Netz Filme herunterlade, wodurch es so überlastet ist, dass heute nach Netflix auch Youtube die Streaming-Bandbreite drosselt – wegen so Unverantwortlicher wie mir.

So möchte ich nicht nur „fuckinghome“ bleiben, sondern am liebsten ganz verschwinden, zumindest unsichtbar werden. Daher und auch „zeitweilig taktisch vorübergehend in der Defensive“ sowie wegen Sprachlosigkeit und -skepsis (noch mehr als sonst ohnehin) die vergangenen 4 shutdown-d.days vom 15. bis 18.03.

Heute das erste Mal wieder weniger unwillig hier ins di.gi.arium geschrieben, dennoch den ganzen Tag damit gehadert.

>> 20.03.2010
>> 20.03.2000
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