So, 05.04.2020, 18:24

„Ich wünschte, ich hätte ein richtiges Problem,
aber irgendwie habe ich ein falsches.“ (Benjamin Maack)

Was sich immer wiederholt: dieser Gedanke, dass es ja irgendwann irgendwie vorbei ist, dies jetzt, diese ständige Müdigkeit, das Matte. Also etwas wie Hoffnung auf Verbesserung, zumindest auf Veränderung. Dann der Gedanke: Das ist ja schon ganz lange so, das wird nicht vorbeigehen, das bleibt so, weil es ja schon ganz lange so geblieben ist. Es ist, wie es bleibt. Es kommt kein Urlaub, an dessen erstem Tag alles gemacht ist, was „vorher noch zu tun“ war, ab wann ich also neu starten könnte. Nein, es bleibt dies Hinterherhecheln, das bleibt, weil das ganz, ganz lange schon so ist. Weil es ein Hinterher nicht geben wird, denn an das Vorher, wie es vorher war, kann ich mich nicht mal erinnern. Ich kann keine Schlüsselereignisse ausmachen, ab denen, in deren Folge es dahin gekommen ist, wie es jetzt bleibt. Und das ist genau der Stillstand, der bleibt, der bleibt, der bleibt.

Genauso ist es mit der Sucht und der Therapie. Nach der Therapie ging die Therapie erst richtig los. Ende nicht absehbar. Es heißt ja auch, eins sei und bleibe eben ein Leben lang jetzt krank, also süchtig. Und wenn eins Glück hat, ist das Nicht-Konsumieren, die Abstinenz irgendwann so unhinterfragt normal und alltäglich wie einst das Konsumieren. Es bleibt dann einfach so. Ich bleibe abstinent. Und die Abstinenz, schad’ nix, nützt nix’, ist jedenfalls nicht der große Wandel, Neuanfang, Anderssein, für das ich sie gehalten hatte. Und die Therapeuten, auch die von früher, die manchmal noch nach mir fragen, sind zufrieden: Ich bin abstinent geworden und dann bislang geblieben, mission accomplished. Ich bin brav (not brave). Das ist dann auch das Gute am Bleibenden, dass es verlässlich, berechenbar ist. Inert. Wie ein Edelgas inert ist, reaktionsträge, einsam-molekü(h)lig.

Das ist jetzt wieder irgendwie abstrakt. Bis SIE es im WhatsApp-Chat konkretisiert. Sie schreibt, sie sei jetzt, was sie noch nie gewesen sei, nämlich „lethargisch“. Ich mag sie trösten, indem ich sage, dass ich das Gefühl kenne, das komme bei mir von jetzt zwei Wochen Lockdown. Sie antwortet, sie sei schon seit sechs Monaten im Lockdown … Und da weiß ich nicht nur, da spüre ich: Es ist, wie es bleibt, und es ist selbst das Bleiben. Und ich muss es bleiben lassen.

>> 05.04.2010
>> 05.04.2000
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