HYPErLYNX.di.gi.arium 00.02.29

schalt.tags.lürick.

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längeres lied oder auch litanei vom mann mit der seidigen empfindung

... schläft mit einer Wand, lehnt mit ihr, entlehnt sich in ihre anmutigen Fugen, die stumm gegossenen Gleise.

Die Abfahrt der Gleise statt des Zuges. Der Kutscher, einen Stiefel weit von der Bremse, die Peitsche hängend, ruhige Pferde.

Der Schiffer, der die Reisenden übersetzt, ist nicht übersetzbar. Er rudert im Schilf und verirrt sich zwischen Staken im Teich mit den Reusen, die keinem Fischer gehören. Aus dem Wasser ragen Segel wie ein vor kurzem geschliffenes Gebiss. Im Steg auf den See hinaus, den Teich, den verkarpften, sind tief die Sporen am Werk, die Spurentilger. Das ist er, Lebemann also, mit Krawatte, pompös. Und die Garben, bemoost schon, weil vom letzten Jahr und nicht geerntet, werden von Furcht vor ihm beschlichen.

Die Wetterseite der Bäume ist die, auf die die Abendsonne schneit. Der Rauch verfestigt sich im Schornstein, niedergeschlagen im Schlot. Ein Trinker hat das Glas geleert und auch die Flaschen um ihn, nunmehr Luftkaraffen. Die Sieger räumten das Feld, wo sie die Schlacht gewannen und das nun verlassen unter einem Himmel sich spreizt.

Da lagert das Tal, die verwachsene Niederung. Entschlossen noch stehen die Mauern, aufrichtig und einverstanden, beschattend den Hof, den sie umringten. Am Boden läuft ein Insekt auf & ab seinen Kreis, mühsam die Klauen setzend. Und Efeu wuchert aufwärts, das ist vorwärts, nach oben, ein Klimmen, ein waghalsiges. Die Vögel haben bandagierte Flügel, die dürren Beine geschient und Krallen wie Anker an den Ästen. Fässer, von Eisen gereift, traurig und doch stabil, mit dichtem Boden wartend, bereit zur Füllung.

Umarmung mit den Armen als Kreuz, so groß ist die Mauer, so ausgedehnt, so klein ist er, der Mann mit der seidigen Empfindung, so eng, ein Liliputaner der Lockung.

Alpine Landschaften, die Hochländer der Lernenden, vorbei im Torlauf, süßes Suisse kostend. Ungeschlacht ist die Alpensahne & fett & dick & weiß. Schillernde Mistkäfer tummeln sich heuer in ihrer unwichtigen Mode, in Tools & Accessoires. Frostig, trotzig: Rotz der Verwesung an ihren knotigen Fingern. Auf & ab geht hernach das Waschen von reinlichem Beil. Es geht nicht ohne Blei!

Der Mann mit der seidigen Empfindung, Malvolio: gelbbestrumpft. Das ist die traurige Kunst der Lustigkeit. Die fetten Elfen mit Turnhosen unter den Lampen, nicht bei Trost. Vom Klamauk die Haare in die Stirn geworfen, denkend, handelnd mit großen roten Nasen. Die Tragbalken der Lust, auf denen man nicht gehen kann, die bersten unter ihrem immerwährenden Gelächter.

Betrunken ist der Regen, und bekifft der Schnee, die Äpfel, unweit des Stammes, sind sauer, lang und fleischig darin die Würmer. In Kerngehäusen, heißt es, könne man ganz gut wohnen und arbeiten und einkaufen. Das sind die gegenwärtigen Gesetze im Flusslauf.

Die Flüsse fließen nunmehr bergauf, getrieben von starken Pumpen, Wasserräder, Windflügel, anrennend. In der SU, so erzählt man, habe man erwogen, den Dnjepr mittels einer A-Bomben-Detonation in ein neues Bett zu zwingen. Die ehemaligen Eroberer, dann von Hungerfrierenden Besiegten, kehren zurück mit Paketen statt Granaten, nach Leningrad. Weil die Opfer von Paketen dankbarer sind als die von Bomben, nunmehr nicht mehr hungerfrierend leicht Besiegte. Die Flüsse fließen nunmehr bergauf, getrieben von starken Pumpen, Wasserräder, Windflügel, anrennend.

Heute dagegen, denkt der Mann mit der seidigen Empfindung, ist Sommer, erst morgen ist wieder Herbst. "Denn immer, immer wieder geht die Sonne ..." Unter den Rocksäumen stellen sich dieselben Fragen wie unter dem Dach der dreifaltigen Haut, festen Lederboden unter den Füßen.

Die 'Welt', sagt der Mann, zerteilt sich unter der Axt gewaltig herabsausender Worte. Aufgespannt ist das Gedächtnis durch das Rauschen der Luft unter dem Gaumengewölbe, dem beifallenden, beischläfrigen, beifüßigen. Gleich dem Zelt des Fußes. Mit dem geht, nein, marschiert er, geradeaus voran.

An ihm, in Verharrung, wehten die roten Fahnen im Winde.

Die weißen Tränen der Antastbarkeit, die Pauken des Widerstands. Wie ein Ruf stehen wir noch, brechend im selben Moment die Knochen der Faust, der porösen, die war der Gruß der Genossen. Verzagend auf den Lippen das Wort eines schmerzlichen Schweigens. Nur kurz verlieren wir die Fassung.

- denn -

Der Sommer schlich mit gleißenden Beilen. Über Land schlich er, in abgerissenen Kleidern, nackt bis aufs Blut. In den Stiefeln steckten ihm schöne Säulen von Fleisch & Mark, am Kapitel mit Haaren zusammengenäht. Die Falltür zum Dachgeschoss stand angelweit. Im Glockenturm der Niveaduft vom Glockenseil, wie ein Schrei von weit. In den Taschen hatte er, der Sommer, händeweise freigiebig Juckpulver - und Tabak - und Frauenstaub und bot ihm, dem Mann, all das feil.

Der Mann mit der seidigen Empfindung sagte da und sprach:

Ich bin Müller, es mahlen sogar meine Zähne. Ich bin Meier, es melkt sogar mein Schemel. Ich bin Sense, die sennt besinnungslos euer Fleisch. Ich bin Engel mit rostigen Flügeln. Ich bin, also, die einverstandene freiwillige Grenzwacht an den Wällen, über die nicht einmal ich sehen kann. Ich bin das Werkzeug meiner Hämmer, der Wetzstein aller meiner Messer und Beile und klingend. Mehr noch: Ich bin - !

... immer schön trocken und sauber, in frisch gestärkten Windeln segel ich im Slalom durch die Staken der Netze im Strom. Über den Wassern der Geist, ein Gestank von Intelligenz, vom Schweiß der Unzucht in den Hochschulen des Kapitals. Berühr' ich dich nur, Geist, so sende ich in langem, ausladenden, enormen Strahl. Wie ein Gau stand das Volk im Spalier. Ich aber, sagte der Mann mit der seidigen Empfindung, putze die Fenster mit schwarzem Tuch, wie Leda dem Schwan den Hals masturbierte.

Das Seil wird gespleißt, ein Stück Henker darein, ein Splitter des Glases. Das Seil wird geknotet, dass es unsichtbar, teils sichtbar sich selbst durchdringt, wie Korbgeflecht oder Adern sich weben durch die Weichen ein Labyrinth. Kein Faden, an dem alles nur noch aufgehenkt ist, ein Seil, armdick, weist uns den Weg heraus aus der Verschachtelung, hin zum Knoten am Anfang des in den furchigen Boden gerammten Pfahls.

Schwer noch hallen - dort - die Schläge der Hämmer der Arbeiter wider.




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