Klavki: In der Zone des Augenblicks

„Die Engel haben menschliche Gestalt mit wunderbar scharfen Sinnen und erleben sich selbst und ihre Umgebung als solide.“ (Emanuel Swedenborg)

Jetzt. Vor mir: eine Straße. Und hinter mir? Alles weitere.

Abendstraße in einer Kleinstadt.
Gemäuertes Behagen tröpfelt von allen Fassaden. Luftgesichtige Nirgendheime. Nicht flügelgefederte Mausoleen von Hoffnung und Ehrgeiz; eher treueichige Gruften. Und hinter dieser Trostlosigkeit vermodert die Einsamkeit; nur noch gesekundetes Glück. Vereinzelt Fenster. Winzige Vulkane des Todes. Die Gasse. Bleifarbig und abgelebt. Ausradierte Horizonte.
Irrlichterlierend durch diese nischenhafte Arena klabaustern und bulläugig auf ein mikroskopisches Panorama blinzeln. Der Ausschnitt eines beliebig Ganzen. Ortig, zeitig, ursprungig: Losigkeit bis ins letzte Detail.
Selbst oder gerade hier eine sich krümmende Wachheit. Kein gläserner Schleier vor dieser todstummschielenden Stadt. An mein Auge gelehnt und unvermittelt wird alles Vorletzte bemerkensmöglich: das pendeluhrige Immerda.

Ein niemandsleibischer Wind: beißend endzielt er sich in mir fest, nüchtern geschmückt von vergletscherter Kälte.
Ein sitzfleischiges Schild: heiser flieht sein Quietschen in mein Gestern. Fort und fort echomalt es seinen Takt. Ein engelsgleiches Stundenglas; tretmühlerisch metronomt es sein weltzerstückelndes Walten. Zeitknirschen.
Ein pulsierender Lebensplatzanweiser: untermeerisch lippenkettet er sein ichbindaundbleibe. Betroffenheitshaschende Wahrheitssekunde: sich geborgen fühlen in dieser Höhle der Zeit; einberaumt in Unmittelbarkeit. Weltsplitter.
Ein tumultarisches Schweigen: Stumm zwiespracht es mit mir. Jenseits der Sprache beginnt die trägharrende Neugierde, die nichts wissen will. Keine Geheimnisse mehr. Nur noch vergessene Klarheiten: Zeit ist der Vorname der Farbe Weiß.

Block erstorbener Gespräche. Pendeluhrig. Pendeluhrig …

Hinter mir? Alles weitere. Und vor mir: eine Straße. Jetzt.

Klavki: In der Zone des Augenblicks (gesprochen von ögyr) by oegyr

Download als MP3

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.