winterreise revisited (1-3)

winterreise revisited – prolog

und bin auch einer dieser dichter,
die erst der nachwelt sind bekannt.
sein name: müller, meiner: meyer,
die sind legion und so verwandt.

der eine dichtet’ seinen sound
dem schubert, und ich dichte nach.
dem volksliedton sind beide freier,
zwei schon vergess’ne, underground.

denn beide liebten als verzichter
und hatten sich ins selbst verbannt,
ertrunken in der eig’nen laach
und selbst nicht ihrem vers verzeiher.

so sang verfrüht und auch verspätet
in beiden düstere romantik.
der johann wilhelm jörg verwebet,
was müller war, der meyer anklickt …

1 die lerche und die eule

einst war mir helles sommermärchen
jetzt bin ich auf der winterreis’.
da sang ich liebeslied mit lerchen,
nun bin ich eule auf dem eis.

die eine sang aus voller kehle,
die and’re nun ihr huhu klagt,
das neue, alte lied vom wehe
und ist nichts, was sie sonst noch wagt.

allein erinn’rung an die lerche,
die früh am morgen fing mich wurm
aus meiner dunklen traumrecherche,
befreite mich aus meinem turm.

im nest, das sie mir hat gebaut,
da sitzt nunmehr ein kuckuck drin
und singt mein lied, das ist entlaubt,
wo sommer sinkt dem winter hin.

[meine kusine kirsten meyer-ruß (kiki) hat’s neu vertont und singt es bezaubernd mit einer 9-jährigen gitarren-schülerin.]

2 des alten mannes alte leier

noch dreht sich seine alte orgel,
des leiermanns in seinen versen.
doch sei gefragt, nicht ohne sorge,
warum er leiert sein verwesen

noch weiter mitten brüch’gem eise.
warum im herbst nicht frühlingslied
er sang auf dem balkon der meise,
der auch nichts and’res übrig blieb,

als noch dem tode eins zu pfeifen,
ein endlich neues ei zu brüten?
er wüsste von dem keim der weisen,
die sehnten sich nach duft’gen blüten.

der alte mann macht ihn’n es nach,
erzählt uns artig jetzt vom blühen.
doch ’s organum, es bietet schach!
und seine pfeifen noch sind glühend.

3 das offene feuer

du sagst, die tür steh’ weiter offen,
nur deine schwelle sei jetzt höher.
und, ja, das macht mich weiter hoffen,
obwohl mir’s schiene, dass ich flöhe.

vielleicht zu früh, vielleicht zu spät,
die off’ne tür bleibt nie geschlossen.
und wenn durch sie mein wind noch weht,
dann könnt’ ich sein dir unverdrossen.

nur seh’ ich auch, ihr schloss und schlüssel
war niemals meiner, ausgehändigt
mir zwar, wie wir aus selber schüssel
die suppe aßen einverständig.

die löffel nun von fern getaucht
in uns’re nun geschied’nen töpfe,
die joints, die wir zu zweit geraucht,
beträumen nun die eig’nen köpfe.

winterreise revisited (4-6) ?

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