winterreise revisited (8-9)

8 der turm gegenüber

der turm gereckt steht gegenüber,
in ihm wie mir ein kiel.archiv,
das meines ist, der schwestern, brüder,
im dortigen vielleicht bald ich.

rathausturm_160214

so sind der turm und ich zwei beide,
wir schau’n uns an vor dem balkon
und blühend auf der frühlingsweide:
zwei reisende in dem ballon,

der schlaff sinkt auf auch uns’re stadt,
und landet, wo ihn wir empfangen,
du meine, ich an deiner statt:
dir singend, was wir eh’dem sangen.

der turm im regen, ich, ihm fröstelnd,
hör’, was die seine uhr geschlagen:
mir auch zum tode schon geroestelt
dem liebchen einst, nun auch vergraben.

kirsten_grab

9 das überhaupt

und überhaupt möcht’ ich hier klagen
das leben an und für die toten.
ich würde das mir zutrau’n, wagen,
wie einst den notgeopfert roten.

denn überhaupt gilt’s opponieren
in diesen finst’ren, flüchtend zeiten,
mit solchen sich zu kujonieren
und uns den graben zu bereiten.

dem haupt und hut geht’s über schnur,
die lieb’ wächst über uns’re herzen,
wie war ja eh der selbe schwur,
der reimte sich auf’s schlimme schmerzen.

weil überhaupt nichts anders geht,
als dass ich mich dem übergebe,
was sich von selbst aus sich versteht
und weist mich in mein liebend’ wehe.

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