moment éternel von gestern

bei den künstlern gewesen, getaucht ins leere becken des lessingbads. voll gewesen zwischen den leibern, bildern und „vorstellungen“. als ausgezehrter hernach zur nacht die fluten gestaudämmt zu artikel für KN. bemerkt, dass der sich hingeschriebene text zuweilen lyrisch ist, also daraus noch film gemacht. found footage: „l’éphémère est éternel“ nach michel seuphor (1926), pmquadrat, heiner müller bleibend, das hier in der verhaftung neue iphone 4s mit hd-video-funktion, sound aus dem livescribe-wunderstift, nicht zuletzt aus me @ aufzug und wlan-balkon morgens, wo die vögel momente machen. nichts für die ewigkeit, außer die der archive, sehr viel aber aus dem moment heraus gemacht, der spricht und vergeht. an klavki gedacht und an lilly, die sprachforscher/innen. an sehnsucht auch, wie ich stehe im schacht, aufgezogen zu werden, und dichte in die zeitung, wo doch prosa, schlicht, angesagt war. mal wieder überbordend, aber damit an bord:

Memento des Moments

Symposion „Ephemer“: Ausstellung und HörSchauspiel spielten im Lessingbad mit der ewigen Vergänglichkeit des Augenblicks

Kiel. Was man jetzt als Beben spüre, sei „das Theater, das in seinen Fundamenten wackelt“, erklärt eine Stimme aus dem Off, während auf den Leinwänden Linien zucken und zacken, sich kreuzen, zu Buchstaben werden wie aus dem Geräusch die Sprache. Mit „L’éphémère est éternel“ schuf Michel Seuphor 1926 ein Anti-Theaterstück, das nicht nur die Festen des klassischen Theaters erschütterte, sondern auch das Ewige, das der Kunst bis zum Beginn der Moderne zugeschrieben wurde. Im Rahmen des Symposions „Ephemer“ der Muthesius Kunsthochschule erlebte eine von den Professorinnen Petra Maria Meyer und Annette Stahmer sowie Studierenden aus unterschiedlichen Fachbereichen nach Seuphor inszenierte HörSchauspiel-Fassung im Lessingbad ihre Uraufführung.

Das Vergängliche, Ephemere der Kunst ist auch Thema der Ausstellung „Momentaner Raum“, die Studierende des Industriedesigns und der Raumstrategien in einer fächerübergreifenden Zusammenarbeit während des noch bis morgen laufenden Symposions im Vorraum des Bades zeigen. Rauminstallationen, die in jedem Moment ihre Gestalt verändern und gleichzeitig vergehen. Etwa 1600 Zuckerwürfel, die zur Fläche zusammengelegt an einem Tropf mit gefärbtem Wasser hängen, das sich allmählich durch das „Bild“ aus Zucker frisst und es auflöst. Bis auf einige dutzend Würfel, die mit Epoxydharz getränkt sind und die Wörter „Was bleibt“ bilden – das, so hoffen die Künstler, dem steten Tropfen widerstehen wird. Ephemeres und Ewiges bedingen so bildlich einander, sind zwei Seiten derselben räumlichen wie zeitlichen Medaille. Wie bei einem Bild aus keimender Kresse. Nicht nur durch den Wachstums- und später Fäulnisprozess der Pflänzchen wandelt es sich ständig. Der Betrachter ist auch gehalten, es „abzuernten“, die Kresse auf dazu gereichtem Butterbrot und damit das Kunstwerk zu „verzehren“, es somit in den ewigen Kreislauf von Werden und Vergehen zurückzuführen.

Ein Memento des Moments, das auch mit dem „Memento mori“ historischer Altarbilder spielt. Abstrakter aber mit ebenso eindringlicher Grafik und Akustik setzt solches Memento das HörSchauspiel nach Seuphor um. Rhythmische Geräusche, die an das Klappern einer Schreibmaschine erinnern: Das momentane Geräusch verdichtet sich zu Sprache, erst zur Lautpoesie der Futuristen und Dadaisten, dann zu beinahe platonischen Dialogen über das – wie der Titel schon sagt – „Vergängliche, das ewig ist“. Auch über die Ewigkeit, die vergänglich ist. So mutet es an, wenn auf den im und über dem Becken gespannten Leinwänden projizierte Linien wachsen. Erst geometrisch gerade, dann aber wie Wege von Ameisen sich knäulend. Woraus schließlich Lettern kondensieren, zur Schrift, dem Medium, das seit jeher Sprache für die Ewigkeit zu konservieren versucht. Flüchtiger Sprachklang gerinnt zur „Poésie Plastique“, die Linien, aus denen Buchstaben zusammengesetzt sind, zur beweglichen Licht-Plastik im Raum. Ganz am Anfang steht dabei der Kreis als ideale Form der Grafik wie auch symbolisch der Zeit, in der aus dem ephemeren Moment etwas Ewiges entsteht, das sogleich wieder vergeht. Ein eindringliches HörSchauspiel, das nicht nur verschiedene Sinne und Medien vereint, sondern auch die „ewigen“ philosophischen Fragen des Symposions in den vergänglichen Augenblick der Erfahrung zurückholt.

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