Mo, 14.6.10 (Di, 15.6.10, 4:56): Projekt Projektion

Früh auf, um 9, weil los zum Familienfest: der Paten-Oheim wird 80. Noch nachts Hymnchen gedichtet. Dabei wieder nahwässrig gebaut. Sentimentalitaten (sic!).

Unter all den rund 30 Jahre Älteren plötzlich selbst das Gefühl von Alter. Feist geworden, blutüberdrücklich, angekommen. Einerseits erschreckend, dann wieder Gefühl von Aufgehobenheit. Streife zwischen zwei Essen rauchend am Laboer Quai entlang. Blick über die Förde zurück zur Heimatstadt. Hafen, Segelboote. Ein Meer erzählt. Verse im Kopf, lieber nicht aufgeschrieben auf den Notizblock in der Sakkotasche. Wieder rein. Gespräch mit dem Onkel (Bruder der Mutter), der, seit er 70 ist und von seiner Tochter (Cousine) ein Laptop geschenkt bekam, begeistert im Netz surft. Ob ich Sites kenne, die “anti” seien? Er meint’s politisch, gegen die herrschenden Verhältnisse. Mit Kommis hat er indes nichts am Hut, sie hätten ihn, den Güstrower, “40 Jahre eingesperrt”. Natürlich schwierig, denn wer, wenn nicht die Genossen sind noch gegenan? Empfehle ihm schließlich die nachdenkseiten.de, die ich von Lilly kenne. Er notiert sich den Link mit Akribie auf seinem Tischkärtchen, das er sich zu weiteren Tischkärtchennotizen in die Sakkotasche steckt.

Die Schätze des Wissens. Das alte “Zur Sache, Schätzchen”. Sachdienliche Hinweise für die, die wie ich die Revolution nicht mehr machen, geschweige erleben werden. Dies Mauerdings vor 20 Jahren war ihnen Revolution genug. Dennoch dieses intuitive Unbehagen an dem, “das nicht ist, wie es bleibt” (Heiner Müller).

Überhaupt müsste auch ich mal wieder mehr Politik machen.

Im Chat mit Lilly mich wach enervierende Überlegungen zu Postmoderne, zum Verschwinden der übrigen (erzählten) Zeit in den Wirrungen der Netzgegenwarten. Weitere Anfeuerung für’s Projekt Projektion:

Bräuchte nur einen Beamer und könnte damit von meinem Balkon aus die weiße Wand gegenüber im Hinterhof bespielen. Dort Filmchen projizieren oder Bilder. Zu unmöglichen Zeiten, morgenfrüh wie jetzt, wo keiner hinschaut. Das unwahrgenommene Kunstwerk. Nur so ist es frei von Pose. Totale (Anti-) Inszenierung, nerdisch. Performance vor keinem Publikum – oder nur zufälligem, das sich umso mehr wundert. Daraus eine Regelmäßigkeit entwickeln, die dennoch unberechenbar, anarchisch bleibt. (Tages-) Zeit auch dekonstruieren.

Hier schon mal Montage, wie das mit den Bildern von gestern aussehen könnte. Projektion auf die Leinwand des Netzes vorerst, projektilhaft.

Bei hellstem Sonnenlicht projizieren, die Bilder nur schemenhaft … etwa so. Eine Erahnung …

Dieser Beitrag wurde unter d.day - keine nacht für niemand veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.