10-3-95, 0:57

trauriger abend, der sich bei der partei aufhellte. kurze skizze eines gedankens:

sk’s emanzipatorischer gedanke: ich bin nicht so vermessen, daß ich glaube, daß das, was ich gelernt habe, nicht auch andere lernen könnten, daß das, was ich wünsche, nicht auch andere wünschen könnten. ich bin teil dieses komplexen zusammenhangs kapitalistische gesellschaft wie andere auch. wenn es mir möglich war, daraus schlußfolgerungen zu ziehen – linker art – dann muss das prinzipiell auch anderen möglich sein.

uli zu sk: das ist elitär. denn wenn das so wäre, wären ja alle so wie du hier.

sk (für sich): „die wünsche der menschen sind vielgestaltig“ – also wird es wohl auch den wunsch geben, so weiter zu leben wie bisher, nicht zu fordern: alles muß anders werden!

sk (allein): soll ich dauernd meine zeit damit verbringen (einen teil der zeit ja gerne, aber nicht alle), mich der wünsche anderer (sozialer bewegungen &c.) anzunehmen, sie einigermaßen aufgesetzt zu meinen eigenen „zeitweilig taktisch vorübergehend“ zu machen und darüber meine eigenen wünsche zu ignorieren? ist das nicht der linke (auf)opfer(ungs)mythos? ist das nicht gerade elitär, daß ich einfach annehme, daß ich überhaupt in der lage wäre, zb die interessen von kindern wahrzunehmen? ich bin schließlich weder kind, noch habe ich eines. wäre es nicht emanzipatorischer zu sagen: das müssen die alleine machen – ich unterstütze sie lediglich, indem ich sie darin bestärke, das zu machen?

sk muß seine wünsche in den diskurs der wünsche (vielgestaltig, ja!) einbringen, unabhängig davon, ob seine wünsche nur kopfene sind und seltsam abseitig. seine wünsche haben genau die gleiche berechtigung wie die der „sozialen bewegungen“, AUCH wenn sie keine massenbasis haben.

uli wirft ihm vor, daß seine wünsche vorwiegend im kopf existieren. sk aber weiß zweierlei: 1. die existenzform kopf ist eine genauso berechtigte wie die leib/praxis. 2. (erkenntnistheoretisch): was ich will, ist im kopf, denn es IST ja noch nicht.

was will sk? : liebe, glück – also: sozialismus bzw. sozialismus – also: liebe, glück.

das alte problem der linken. sich wünsche zueigen machen, die nicht ursprünglich ihre eigenen sind, und sie dann bei denen, die diese wünsche gehabt haben müssen, einpflanzen. geht so nicht. ich bin kein arbeiter. ich habe nur stirnschwielen. dafür kann mich kein arbeiter anklagen, solange ich nicht beklage, daß seine schwielen nur an den händen sind.

schluß mit dem arbeitermythos. auch der kopf lebe!

1:14

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