23-4-95, 15:50 Zug Hamburg-Kiel (skizzenbuch)

„ich bin seit geraumer zeit betrunken“, sagte sven plötzlich. sk und er lachten. sie lachten nicht über die gegenseitige betrunkenheit, sondern über den satz, der gut war. das im augenblick wahrnehmen des rausches, dessen intensität nur erklärlich in diesem augenblick ist, wenn man annimmt, daß er sich auch in die vergangenheit hat ausdehnen müssen, weil die plötzlichkeit der erkenntnis, man sei betrunken, nicht ebenso eine plötzliche betrunkenheit meinen könnte. in der tat waren alle ziemlich betrunken. sk mußte so etwa 3 liter getrunken haben. das nette an dieser betrunkenheit war, daß man in ihr so zutreffende sätze wie oben formulieren konnte, auf den punkt. bis zuletzt war auch eine schauspielerin geblieben, die katharina hieß. sk war sie sympathisch, nicht zuletzt wegen des namens. sie war sehr betrunken. auf dem weg zum nachtbus (+ sk, sven, julia) insistierte sie, man solle irgendwo noch ein bier trinken, in der hand, den langen mantel über die schulter geworfen, also mit torkelnden leeren armen, trug sie ein paar roter lackkinderschuhe. sk fand das putzig. es waren die schuhe ihres kindes. sie kamen an einer tür vorbei, hinter der, so sven, ein puff sei. katharina drückte den klingelknopf, und ein mann öffnete. sie spreitete den mantel, stieß das becken nach vorn und fiepte lachend: „ich brauch‘ einen mann!“ darauf der mann erheitert: „einen, der es dir so richtig besorgt?“ die anderen waren kurz besorgt und schleiften die alkoholisierte mit sich. dann bestiegen sie ein taxi, sk weiter zum nachtbus. erst sollte er sie so weit, wie möglich richtung willmersdorf bringen. sk hatte überlegt, wie er ihre alkoholische geilheit, auch wenn die nur verzweifelte zu sein schien, nutzen könnte. die morgenluft war sehr lau. in einem park oder auf einem spielplatz (sie auf die rutsche gebeugt, sk von hinten) hätten sie es machen können. die kinderschuhe hätten daneben gestanden, im sand oder neben dem gebüsch.

sk aß eine tomate, die er noch mitgenommen hatte. nach der busfahrt baute er sich auf einer (park)bank ein thc. durch gierig mit eingesogene, warme frühlingsluft schlug der joint gleich heftig ein. sk‘s schwanz pulsierte. an eine toreinfahrt geleht wichste er ihn einige male, dann aber doch ab „nachhaus“, um dort weiterzumachen, schlief aber sofort ein.

als er morgens heraufkam, aufs klo, hallten fickgeräusche von th & o durch den flur. sie hallten wirklich. es war eine steigerung, permanent lauter, schneller, schreiend-wimmernder. finales stadium. es war schnell vorbei. sk saß auf dem klo, schaute an die wand. er litt nicht, es hatte ihn nicht bestürzt. es war vielmehr normal. und es interessierte ihn nicht. sk hatte (…) diesen alten gedanken, daß es doch seltsam war, daß man um diesen endpunkt, den paare immer wieder wiederholten, so viel aufwand scharte. danach tristesse und aufstehen, kaffee kochen, frühstücken. gestern die neue katharina rumzukriegen, hätte sk vermutlich schaffen können. aber es wäre ein unerhörter aufwand dennoch gewesen. so saß er jetzt da, auf dem klo, und hatte keine lust mehr auf das ganze rolleninstrumentarium des länglichen, dann auch gesprächlichen vorspiels. mit r hatte er neulich wortlos, unangekündigt und gegenseitig nur einverstanden gefickt. das war erholsam, daß das einfach so ging. und was stand ihm mit e bevor? vermutlich, das war das wahrscheinlichere, würde er es irgendeinmal aus ihrem zimmer hören, wenn er nach einer durchtrunkengerauchtverschriebenen nacht am so-morgen noch völlig neblig zum klo schlich. 16:20

fickfantasie: oder sie, k, hätte sich am leib bibbernd an die leiter der rutsche geklammert, wenn es ihr gekommen wäre. oder sk wäre unter dem mantel verschwunden, mit zunglippen am richtigen ort, sie hätte dabei den kopf zurückgeworfen und die sterne der klaren frühlingsnacht gesehen.

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