„Provinzlärm 2“: Die Sinnlichkeit des Vergeistigten

Der zweite Teil des Neue-Musik-Festivals „Provinzlärm“ machte am Sonnabend vergeistigte Klänge körperlich erfahrbar

Von Jörg Meyer

Eckernförde. Den Geist als Echo des Körperlichen sinnlich erfahrbar, geradezu greifbar zu machen, bestimmte die Werke in den den drei Konzerten des Neue-Musik-Fetsivals „Provinzlärm“ am Sonnabend in der St. Nicolai-Kirche. Robert HP Platz nennt seine Komposition daher auch „dense/Echo I“. Verdichtungen und Verschwindungen wechseln sich darin ab und vergewissern sich einander gegenseitig.

Auch der Atem ist eine Art körperlicher Ausdruck des Geistes, quasi der Übergang vom Sein ins Nicht- und damit umso mehr Dasein, wie Steffen Schleiermachers „Atem Los“ im Dialog einer Posaune und eines tief Luft holenden Akkordeons zeigt.

Nicht anders Georg Katzers „Von d nach d“ für Solo-Flöte (Beatrix Wagner), das den Atem als zyklisches Klangphänomen begreift. Homers Vers „Gleich einem Rauch enthauchte die Seele in die Erde“ stellt Iannis Xenakis seinem „Charisma“ voran. Wie irdisch ein nur scheinbar in den Himmel entweichender Hauch sein kann, beweisen darin Klarinette und Cello.

Dass Geistliches und erdverbunden Körperliches kein Widerspruch sein müssen, sondern einander klanglich gegenseitig befruchten, ahnte schon der Renaissance-Komponist Guillaume Dufay. Seiner vom Dresdener Ensemble Auditivvokal gesungener „Missa“ legte er das weltliche Lied „L’homme armé“ zugrunde, das mit seiner körperlich melodischen Kraft den Geist geradezu befeuert.

Auch Luigi Nono geht es um „Das atmende Klarsein“, so der Titel seiner Komposition für kleinen Chor, Bassflöte und Live-Elektronik, der unter anderem Zitate aus Rilkes „Duineser Elegien“ zugrunde liegen – und die Erkenntnis Robert Musils, dass jeder Wirklichkeit eine Möglichkeit des Andersseins innewohnt. Auch der Klangwirklichkeit, deren Sinnlichkeit hier ohrenfällig die Möglichkeit der Vergeistigung miterklingen lässt.

Der „Provinzlärm“ endet am heutigen Sonntag mit Konzerten um 17.30 und 19 Uhr. Infos und detailliertes Programm: www.provinzlaerm-festival.de.

Bericht vom Eröffnungskonzert

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