28-5-95, 23:02 (gras, stark riechend)

und scheiße ist natürlich, daß

kapitel, worin beschrieben wird, wie sk sich einen hirtenstock aus der hand schlagen läßt, dabei in einem moment der unachtsamkeit beim dem stock hinterherhechten ein schaf verliert und darob selbst die figur eines voll blöden schafes macht. agnus dei, qui tollis peccata mundi.

natürlich war die luft voll lau gewesen. natürlich war das ein frühlingstag, natürlich ende august. natürlich waren sie, mit unterbrechungen, eigentlich den ganzen tag zusammen gewesen, es hatte sich immer wieder so ergeben. natürlich war es auch übermäßig warm. und natürlich war da am ende nur noch der text, sk und der text. die waren natürlich übrig. „me hunger, me grief, me suffocation.“ „me timber, me greed, me invocation.“

„allright, babe“, raunte sk, „wir gehen in den park.“ sk hätte natürlich auch zitieren können, im park war es schattig. da war auch ein spielplatz. und da sie natürlich ziemlich ausgelassen waren inzwischen, zumal sie geraucht hatten, also nicht recht ausgelassen, nicht so ausgelassen, sondern mit einem hauch, so wie das duftete, ey, von gedanken-, ähm, verlorenheit. den brauchte es für das jetzt. sie war nämlich auch viel größer als er. und während sk’s beine gerade noch baumeln konnten von der schaukel, wenn er sie leicht schräg streckte, schliffen ihre turnschuhfersen (die trunschuhe hatte sie aus n.y. mitgebracht) schon gerade im kinderkies, wenn sie es so machte. die absichten der herrschenden waren nach wie vor im wesentlichen gegen sk gerichtet, weil sie sich mit den seinen nur partiell deckten, eigentlich überhaupt nicht natürlich.

sie hatten natürlich auch die rutsche vorher versucht. und während sk gerade noch in die rille paßte, war ihr becken etwas zu breit, obwohl es sonst kaum auffällig war, so richtig. sie mußte sich beim rutschen daher etwas schräg legen. und beide lachten also natürlich, als sie unten angekommen war. das sah nämlich voll lustig aus. sk stand da mit diesem t-shirt (hemd in t-form) und hatte die arme hinter dem kopf verschränkt. körpersprachemäßig hatte das einen namen. nicht headbanging, aber so ähnlich. sie machten es nochmal, diesmal sk hinter ihr rutschend. und weil sie sich unten nicht so schnell aufgerafft hatte, kam sk schon nachgerutscht, spreizte kurz vor dem aufprall die beine. und so kamen sie mit bauch an rücken in berührung, sk streifte ihr haar, als sie den kopf erschreckt wandte. und natürlich lachten sie da laut. e stand auf und nun lang vor sk, reichte ihm die hand und zog ihn hoch. dann standen sie voreinander, einander zugewandt. dann gingen sie natürlich erstmal schaukeln.

erst schaukelte sk. e lehnte am schaukelgerüst und sah ihn pendelnd an, während er schaukelte. so ging das natürlich eine ganze weile. und sie unterhielten sich. sie redeten. sk erzählte nichts von texten und arkadien und den hirten im „l’orfeo“ und der messagera darin, die eine voll traurige nachricht bringt und dann in einer szene, die kaum jemand beachtet, die ihm auch auf der plattenaufnahme immer entgangen war, nicht mehr weiß, wie sie weiterleben soll als botin so einer voll schrecklichen nachricht, sondern sk erzählte von einer technoparty, auf der er ein paar tage vorher gewesen war. hör jetzt bloß nicht auf zu schreiben. also, die technoparty war voll beeindruckend gewesen, weil die musik unheimlich laut war. war das überhaupt musik, na klar. sk hatte bekifft auf einer der treppen gesessen. das geländer begann natürlich alsbald im beat zu leben, also es tat so, weil ja sk einen rausch hatte. und dann dachte sk nur, bloß nicht fallen lassen darein, weil das ein pumpender brunnen war, feucht und voller blut, das den boden verliert unter seinen stinkefüßen. hör jetzt bloß nicht auf zu schreiben, was da oben steht, das hatte er sich eingeflüstert, so manisch im rhythmus gebrabbt: hör – jetzt; bloß – nicht; auf – zu. der reißverschluß ging auf. wie in einem pornovideo, wo sich die lady dann so hinlegt mit der aufforderung, mach jetzt mal du. ein vorleistungstermingeschäft unterm baum. da hatte sich e beim picknick ohne vergleichbare absicht gestreckt, ihre ganze länge nochmal zwei zentimeter drauf, so schien es. picknick klang auch irgendwie versaut. picknick im schwesterngang. mit schwertern dadurch und alle rape-pflanzen glattweg einen blütenkopf kürzer gemacht. ei, wie das senste. no sense, no future, wir kriegen euch alle, und das in roten gamaschen und mit kartätschen und bajonetten aus lilien-auf-dem-felde-stengeln. oder vögeln unter freiem himmel. und das heer ernährt sie doch.

e indes, um mal wieder zu den tatsachen zu kommen, erzählte von der unmöglichkeit, im park zu lesen, weil das blende, die sonnenbrille aber alles zu dunkel mache. ok, im gleis jener vorstellung, daß dies alles eingetippt wird, aufbewahrt, nachher im august, da wohnte e schon da, wo auch sk wohnte. das wurde dann natürlich mitgeschrieben. und sk erzählte dann vom blumengießen. er goß so viel hinein, bis unten in die plastikunterteller, in denen sich kalk abgelagert hatte, was floß. das war dann auch spannend natürlich, ob das doch noch überlaufen würde, tröpfchenweise rausgesickert. nun schau mal an, was da fürn trööpfchen iss, ich glaube wohl („ich glaube wohl“, genau so!), du bis’ schon ein bißchen gaiel, hatte dieser geifernde holländer in dem movie „excuse me number 3, more than three hours passport to pleasure“ geplenkelt. dann natürlich gleich mit dem griffel an den tautropfen. ei ist der süß. das schmecke eher sauer, sagte der, der wußte, wovon er sprach, wenn von heringen in haifischgrößemutation. dann, um mal wieder ganz sanft runter zu kommen, erzählten sie sich was über den film „könig der fischer“. der war neulich im fernsehen gelaufen natürlich. zum beispiel die szene, wo in der börse. nein, es war irgendein bahnhof, nicht? so ganz viele leute sind, die dann anfangen, im traum des robin wilson, so heißt der doch, natürlich, walzer zu tanzen. und rührend war natürlich auch die kleine sekretärin, dieses mauerblümchen. jetzt duftete es natürlich besonders stark von der hecke rüber, feist nach blüten, die sich da breit machten. sk bremste die schaukel ab. und er redete natürlich weiter. aber das hatte einen moment lang sowas ganz kitschig liebesfilmmäßiges, wie sie sich da so kurz ansahen. jetzt wollte e mal. sk gab ihr anschub. sie schaukelte und holte mit den länglichen beinen schwung.

dann redeten sie noch weiter über diesen film „könig der fischer“. ob e die stelle im central park kenne, wo der robin wilson da so atemlos dem fischerkönig hinterher hechelt, da so ankommt. willkomm und abschied, kennste das? ist ein gedicht von goethe, das so mördermäßig schlecht ist, daß ich’s immer mal umschreiben wollte. das sieht dann so aus, wie hier zum beispiel. entscheidend ist dabei natürlich, daß er erst geschrieben hatte, ich stand, sie kam. dann hat er’s aber umgekehrt gemacht, damit die patriarchale ordnung wieder stimmt. natürlich steht sie, er kommt, damit das mal klar ist. insofern ist das gedicht auch noch nicht mal p.c. wie kamen wir jetzt darauf. ach ja: sie war ja in n.y. gewesen gerade. den gibt’s wirklich, meinte e. oder im battery park. so heißt der doch? r hatte darüber geschrieben, daß da eichhörnchen am rammeln gewesen waren. nein, daß sie es sich da von hinten hätte besorgen lassen, statt wie die jogger dumm durch den park zu rennen. und dann noch was über das neue fahrrad, das e für sk besorgt hatte von einer freundin, die hatte schon ein kind, das wolle sie sechs monate lang stillen, ob das nicht weh tue. an den nippeln, oder was? nach nivea rochen die. und der turk schmierte die rosette seiner liebsten nie damit ein, sondern allenfalls mit diesem minitropfen, der ihm aus der eichel trat, wenn er ein bild fertig hatte und seinen larry drunter setzte. er habe wirklich mal seinen namen drunter gesetzt mit nem feinsthaarigen pinsel, den er sich am eregierten penis festgebunden hatte. das hüftkreisen dabei hätte seine damalige dermaßen angemacht, daß. daß das gut fährt, das fahrrad natürlich.

der text ist mein hirte, mir wird nichts mangeln. es gebe nur mich und den text. jetzt jedenfalls. natürlich muß auch alles anders werden, das ist ja klar. wenn nicht alles anders wird, dann können wir ja gleich einpacken. und all das tippte sk natürlich auf mit zwei bis drei fingern. einen fick der im nachbarzimmer würde er heute beispielsweise auch nicht ertragen. obwohl ja das wetter eindeutig danach war. und dann redeten sie nochmal über technoparties, auf denen e noch nie gewesen war, nur die musik kannte sie ein bißchen von ihrer schwester. da hatte sk ihr jetzt natürlich was voraus. und unheimlich laut war das gewesen. so laut, daß man es mit dem körper spüren könne. was zu bemerken ok war, aber das jetzt sozusagen so zu sagen, war natürlich ein ziemlicher humbug. vor weihnachten hast du sie über den docht gezogen, hatte auch i prophezeit. aber das war jetzt natürlich ziemlich egal, denn da waren ja nur sk und der text. und der text schwieg sich zu solchen dingen ziemlich aus. sk tippte weiter, doch der text spuckte nichts dergleichen aus. wenn er wenigstens eine alte olympia; namedropping von schreibmaschinen, wie so in verwarzten cotton-romanen sich der erzähler erstmal schwarzereihemäßig vorstellt, mit so einer kumpelhaften scheiße, daß er uns den typ seiner maschine verrät, so unheimlich voll vertraulich. nee, das kann ich nich’ ab. ich schreib außerdem auf nem sanyo notebook mit word fünffünf, natürlich. die olympia hätte nichts auf die walze gespuckt. jedenfalls kam es sk jetzt natürlich in den sinn. gespuckt wie gehupft. hupfen ist ein wort, das nach ihrem rhabarbersud neulich schmeckte. gugelhupf. so würde sk ihren knaster nennen. gugelhupf, hallo, sagen und dann mit der lippenrosetti ferrarigleich drüber zylindert. du zylinderst alle meine schmerzen, sprach gulliver, als im land der riesen (sk tippte zunächst verdreht „reisen“) er als spielzeug anheuerte. wie so’n berserker, oder eine lemure oder ein waraniges etwas mit kofferfalten am hals und uhugestärkten bügelfalten auf der denkerstirn. mann, ist das. mann, jetzt ist die flasche auch schon wieder leer. und er griff in die ketten, um e direkt vor ihm abzubremsen. daß ihre gesichte ganz nah waren, wie vorhin kurz auf der rutsche, damit er sie jetzt endlich – küssen könnte. was für eine alliteration, der stabreim stand ihm hoch am hosenboden.

ziemliche scheiße ist natürlich. der text ist mein hirte, mir wird nichts mangeln. ziemliche scheiße war natürlich, daß e das wohl innerlich vielleicht erwartet hatte, auch daß sk so offen genau über sie schrieb, allein über sie & ihn, aber sich gerade zurücklehnte für nen neuen schwung. sie zockte kurz gegen sk’s oberschenkel und ließ dann aber irgendwie blöderweise die schaukelketten los und fiel hintenüber von der schaukel. scheiße war natürlich, daß da dann ein ziegelstein lag wie bestellt. da zimmerte ihr kopf voll drauf, daß blut floß und sie reglos war, nachdem sie nochmal so ganz komisch gezittert hatte kurz. sk lies die gefangene schaukel los und hielt ihren kopf hoch. auch sehr filmmäßig natürlich sickerte da blut aus ihren schwarzen haaren, wie aus einer schwarzen schürze raus. in einem roman hatte mal einer eine erotische perversion gekriegt, weil ihm als kind tageblut aus der binde von einer magd, die über das spielende kind nach einer schüssel, messer! oder so auf dem küchentisch gegrätscht hatte, mitten auf die stirn getropft war. und dann noch ein blutiges stück watte mitten auf den mund. schönen kaufmanns kuß. als kind war sk mit dem dreirad durch die mit sisalteppich ausgelegte wohnung gekurvt, hatte den küchentisch nicht gesehen und natürlich ein loch im kopf. unter dem küchentisch standen die füße der nachbarin in nylonstrümpfen. dazwischen hatte er mit matchboxautos gespielt, geborgen. auf die platzwunde an der lippe hatte frau doktor mit leuko ein wattestück gepreßt. na, kleiner mann, noch tränen?

so sickerte das jetzt natürlich auch aus e’s kopf. und das sah natürlich gar nicht gut aus. zumal sie sich zu keiner regung mehr bewegen ließ, so sehr sk auch auf sie rauf weinte oder sie mit küßen und so überhäufte, sie rüttelte und schüttelte. da hatte sich was angestaut. und e war natürlich tot. der text ist mein hirte, mir wird sie mangeln. ich habe den text abgetrieben. das ist nicht sträflich aber sittenwidrig. Wir verlangen von den herrschenden sofortige fristenreglung für jeden text. sowas dachte sk, dann allein mit dem text, der voll lakonisch geworden war. cool war das nicht, natürlich. eigentlich eher voll von unheimlich echtem gefühl. und tiefenpsychologisch war das ja auch hochinteressant, denn schließlich war er in e verliebt, aber mit r an dem spielplatz vorbeigegangen. an der hauswand stand natürlich so ein grafitti. der witz war ihm jetzt zu blöde. in der küche ging derweil das licht aus. dem wetter nach würde das heute noch abgehen. scheiße natürlich.

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