sk saß nun da. alles war neu, die gegenstände verrückt oder entrückt, die tasten mit ungewohntem geräusch und anderem druck. alles muß anders werden, hatte sk gepredigt. nun war alles anders jedoch heimatlos, entwurzelt. trotz der wände voller bücher war das zimmer nicht mit jener dumpfen bedrückung angefüllt, die ihm im alten zimmer heimat war, sondern mit einem hall der größe. es war anders. noch standen die reste des umzugs willkürlich herum. sk war noch nicht eingezogen, lediglich seine gegenstände waren vorhanden, während er irgendwo auf dem weg verloren gegangen war – noch. sk suchte das, was er vermißte, in den vertrauten gefühlen des rausches, der entrückung aus dem, was verrückt war. die entwurzelung des rausches eintauschen gegen die nüchtern gegenwärtige. das neue gerät erinnerte in dem, was auf dem bildschirm erschien, an die tägliche arbeit, an den geruch des redaktionsflures, an die fluchten, die er dort übte, die nicht aus rausch sein durften. der rausch setzte nur zögerlich ein, daher. dennoch schrieb sk. das neue gerät verzeichnete auch dieses noch, leichtgängig, ungerührt. es war ein spalt, der sich auftat, eine ungängige brücke zurück. sk litt, sk litt nicht. sk war der arbeit für einige tage enthoben und arbeitete gleichwohl.
einige meter entfernt schlief schon e., die buchstabenkombination seiner paßwörter, sein traum in den durchrauschten nächten. gestern hatte er sehr viel getrunken, biere und körner, verlage und bücher geschleppt auf dem ärmlichen rücken. da floß es aus ihm, kein geträn, nur der salzige schweiß, denn es war warm gewesen dieser tage. da hatte er also getrunken, war zuhause, was kein solches noch nicht war, und hatte sich vor dem im wintergarten (welcher abgekürzt ebenso wg hieß) neu installierten tv auf das sofa gelegt. e. war noch entfernt, weil „ausgegangen“, hinaus in den hof mit den lieben frauen an ihrer seite, was sie nur da wolle. zum ersten mal in seinem leben speicherte der neue apparat jene buchstabenkombination, e-s-t-h-e-r, die dafür stand, was sk hier erwartete und den apparat ebenso. der apparat wollte dies noch nicht drucken, was aber nur vorrübergehend sein würde, das wußte sk, auch dieser apparat werde schließlich das tun, was er von sich selber in diesem zustand kaum verlangen konnte, er werde ordentlich arbeiten, sei nur im moment dazu noch nicht in der lage. er rauschte nur ungerührt und fächelte die luft durch sich vom zimmer ins zimmer. was werde sein? e. war also noch entfernt, und sk traute sich doch nicht, ihren namen in minuskeln mit dem finger auf den staubigen spiegelabraum im flur zu schreiben, er schrieb indes nur „love“, jedoch mit großem „L“. sieh an. so saß er im sofa, lag vielmehr, hatte gerau(s)cht von dem guten schwarzen, jenem, der e., so sagte sie, zum kichern bringe. ska kicherte nicht, er begann zu schlafen vor dem film, den er eingelegt hatte. er hatte dies beschlossen: daß er schlafen werde, wenn sie heimkehre in ihr neues. der apparat speicherte all dies. er würde schlafend scheinbar im sofa liegen, er prüfte die stellungen dazu, welche besonders eindrucksvoll seien. er würde schlafend liegen, scheinbar, sie würde ihn entdecken so schlafend. wie einst, als jene erste, die gleichermaßen ihn über jahre gebannt hatte, spüren sollte, daß sein kopf wie im schlaf, der kein echter war, auf ihre schulter sank, im bus, auf der (klassen-) fahrt. sie habe es geduldet, es sei auch irgendwie süß gewesen. was er sich erhoffte, wenn sie ihn so entdeckte, entschlummert, daß sie ein mitleid anfiele, daß sie versuchte, ihn zu wecken, der alles wahrnahm, aber mutwillig nicht erwachte, daß sie dann, wissend fälschlich, er werde nichts merken, ihm einen kuß drückte auf die bleiche stirn. er traute sich jetzt doch zu, ihren namen auszuschreiben in ganzer länge, nicht mehr nur die verkürzung aufs literarische initial: esther! schnarrend sog es die festplatte auf. und wenn sie das schon nicht tat, ihm diesen freundschaftlichen kuß herniederzusenken auf das, hinter dem eine liebe für sie glomm, so dachte er, würde sie wenigstens fürsorge ergreifen. es war das alte spiel. er wollte sie durch mitleid für ihn gewinnen, zu etwas, das er nicht erwarten konnte. mochte sie wissen, wie es in ihm stand, so mochte sie ebenso denken, daß jenes, was sie bestürzte an ihm, jenes sein für sie, sich verflüchtigt habe. doch wohnte sie ihm jetzt bei und er ihr, saß am selben tisch, schlief in geringer entfernung und gleicher höhe unter der decke auf eben jenem gestell, das er gebaut hatte einst für katharina, die er hinfort ausschreiben wollte, mit vollem namen. sei bei dir, rief er sich ins gedächtnis, als er also auf dem sofa im wg lag, doch der rausch hatte ihn in der tat hingeworfen. und als sie schließlich heimkehrte, nicht zu ihm, was er erhoffte, da sah sie ihn in der tat daliegen. sie sprach ihr hallo und sprach es nocheinmal, das weckte ihn, doch er hielt die augen mit krampf geschlossen. sie rief ihn erneut an und fand ihn also fest schlafend. bevor sk fortfuhr mit diesem spiel, sog er erneut alkohol ein und später noch ein dope.
als sei’s vertraut, stand die türe derweil sperrangelweit. ach, sei bei mir, verriet sk. als sie ihn also anrief mit insistierendem hallo und er nicht erwachte, da ging sie und überließ ihn sich, wie er da lag. er lag beisammen und erwachte. kein kuß war auf ihn von ihrer hoheit herniedergefallen. er war der narr, zu dem er sich gemacht haben wollte. sie war hinweg, kein wort war über seine scheinbar schlafenden lippen gekommen, und auch zu sich herangezogen hatte er sie nicht, um ihr piratenhaft jenen erwarteten kuß selbst hinaufzugeben. nein, er hatte sich schlafend weiter gestellt und schlief allwohl, zu faul um aufzuwachen. so war sie fort. und nichts von dem, was er erwartet, war eingetreten. daß sie eine decke brächte ihm, ihn zu bedecken, der stein ihres anstoßes war. daß sie den tv ausgeschaltet hätte, der offensichtlich nutzlos den schlafenden mit bildern versorgte. nein, nichts von allem, sie war hinweg, so schnell als sie gekommen und kam nicht fort. sk zerbarst und war auch wach dieweil und sah hinzu, was auf dem schirm sich tat. hinweder ging er schlafen und litt, daß er sie nicht einmal noch gesehen.
tags darauf war’s, heutegestern, daß er erfuhr von n., daß sie gleichwohl erzählte, wie sie ihn (vermeintlich) schlafend vorgefunden. so war es wenigstens soweit, daß sie derlei erzählen konnte anderem ohr. sk tat eingeschüchtert von der öffentlichkeit dieses vorgangs, doch lauschte wohl, was davon weit erzählet worden, denn glaubte er wirklich, daß sie den kuß, jenen, vielleicht geplant und nicht mehr ausgeführt oder jene fürsorge sich nicht getraut. sollt’ sie wissen, daß er um ihretwillen soff, daß er um ihretwillen dalag hingestreckt von ihr und seinen vielen gedanken an sie?
e. war eingezogen, ohne viel federslesen, ohne not und voller selbst in jedem ihrer worte und ihrer launen, die sie offen trug. es sei ein ätzender tag gewesen. auch aß sie nur widerwillig von dem salat, den er bereitet – um fürsorge für sie zu heucheln. sei ehrlich, sk, sagte er sich. doch war’s nicht einzuhalten. wie er litt, litt er, und sie nahm offen keine notiz. da kam es, daß sie saßen, gemeinsam im wg und beide nacktgefüßt oder nächtlich eingefahren mit dem fußwerk ins gebirge jeder nacht, deren nächstes tal so fern schien, daß er eben daran litt, wie kaum, so meinte er, eine(r) vor ihm. so sog es ihm den blick hinan zu ihren füßen. er hatte sie um kurze hilfe schon gebeten, ein kabel im katakombenreich des schreibtischs aufzulesen. daß also so sie hilfe gab ihm. er lag unterm schreibtisch, das kabel zu verlegen. sie nahm das ende ab am anderen ende. kurz berührten sich ihre finger, als sie nach dem ende griff. es war sein ende, das dort mit stecker lugte. so stand sie, auf das kabel wartend, es auftragshilfegemäß entgegenzunehmen, da sah er erstmals ihre nackten füße mit länglichem gezeh. und später also noch im wintergarten, als sie auf jener stelle saß auf sofakissen, wo er vormals schlaf gemimt und einen bruder ihrer, auf den sie zu senken habe einen kuß wie geschwister tun. indes, seine einz’ge schwester hieß katharinen und war mit jener schwester fort im dänenmark, auf das er solches und bein geschworen hätte. e. saß und beugte ihre nackten füße unters lange bein. sk sah hin aus eines auges winkel, so gut es eben ging. es war ihr eigenes, ihr urig eigenes. es war schön. sk litt darob.
wie kannst du ihr verzeihen, fragte ska. er war mal wieder trunken, wie jede nacht. mutwillig einladend stand seine tür offen. es war zweiuhrelf, elf wie einst bei goethes ska, der sich in jener stunde einen schuß versetzte. sei doch nicht so melancholisch, ska. nimm buntstift her und zeichne ihr, was dich bewegt, dasselbe hat einmal schon bewirkt. sie war so süß in ihrem sein und ihren nachten füßen, lang und großgewachsen wie sie war, was hindrungsgrund für ihn, weil klein er, für sie, wohl mochte sein. was schrieb er da an einer langgespreiteten od’ an sie, an e., an sie, die eine, die er liebte und entleibte, sich, für sie, wenn auch nur eine schäbige gelegenheit dazu da wär’. poetisch silbenmaß verzirkelt floß aus ihm, der eingedenk zu wesen hätte sein zu sollen – oder ähnlich. neuntausendzweihundertundachtzig zeichen, sie zu loben über längst verblühten klee. sk sehnte sich nach körper, danach, an jenem fuß zu lecken, einen jeden nach seiner zeit. wie bist du alt, gestand sk. sechs jahre war’n’s, die jene trennten, die nacktgefüßt in jenem wg saßen, einverstanden kaum. im regal stand brecht und sang von der marie. du bist meine maria, sponn sk, er meinte esther, biblisch weit entfernt, wie altes testimonium. du bist bei ihr, fürchte dich nicht, so schloß er dies um zweiuhreinundzwanzig. das große schiff war schon gesunken, nur seifenblasen zeugten noch von seinem gewesenen wesen. schlaf wohl, e., schrie sk. und speicherte.
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