Di, 5.1.10 (Mi, 6.1.10, 3:33): Die (Un-) Ordnung der Dinge

Seltsame Un/ruhe (Be/un/ruhigung) wegen der Un/ordnung der Dinge. Tagebuchberichte erfordern eine (An-) Ordnung der Dinge auf einem Zeitstrahl. Andererseits lähmt jede Ordnung das Erzählen von Gefühlen. Sie brauchen die Unordnung, um erzählbar zu sein – und die Beunruhigung. Wer ruhig ist, hat nichts zu erzählen.

Schon am Anfang des di.gi.ariums 2000 ging es um dieses Problem. Jetzt stellt sich wieder die Frage, “wie ein Untergang dem nächsten rät”. Denn und allerdings: Wenn sich fragen lässt, wie ein Untergang dem nächsten rät, ist die Antwort vielleicht, was ein Anfang dem vorhergehenden riet.

So ist 100105 ein einander Raten wie 000105. Ein Geschweigedenn. Indem sich nichts ereignet, ereignet sich erst alles.

Eine Frage der Zeit, ob sie uhrtickt oder sanduhrig (zer-) läuft. Letzteres heute wieder. Kein Takt nirgends, und das ist assoziativ be/un/ruhigend. Etwa beim Betrachten der erstarrt scheinenden Geckos, die ihre Bewegungen auf das Minimale des Moments beschränken, ansonsten in jener Ausdehnung des Jetzt verharren, schlafwandelwachend. Mit Lilly im Streichelzoo, wo der Zugriff auf das Betrachten beschränkt bleibt. Etwa die horrorfilmmäßig eingefrorene Heuschreckenplage im Krabbelterrarium. Hunderte Tiere hocken da auf- und ineinander. Wie Schiffbrüchige von Vergangenheit und Zukunft auf dem zu engen Floß der Gegenwart. Ihr Gleichmut dabei erscheint als Eigensinn, sich im Gewirr der Umbeinungen willkürlich zu paaren, um die Nähe durch Vervielfachung noch zu steigern. In der Unruhe der Tiere ent/wickelt sich die Ruhe der gleichförmigen Bewegung, die aus der Stille kommt. Grabgeweihte Grillen.

Mich überkommt beim Anblick dessen eine Art himmlische Rührung. So sieht nicht die Hölle aus, sondern der Himmel Unordnungen.

Zurück aus dem Zoo stellen wir solche Verschlingungen auf der Bühne des Bettes nach. Das heißt, wir erfinden aus den Untergängen die Anfänge, jeweils gewesene, kommende und jetzige, ohne sie fortzusetzen, denn Fortsetzung folgt.

Daher also der mühsame Beginn der d.day-Erzählung. Daher also dies retrograde Repetitieren (und backlinken). Liebespfeile nicht im Köcher, Amors überspannter Bogen ist ein Revolver im Russischen Roulette. So spielen wir mit der Zeit, zerschlagen die Sanduhren, sammeln den Sand wie den Schnee unter unseren Schuhen.

(Und sind derselbe unter unseren Füßen.)

Dieser Beitrag wurde unter d.day - keine nacht für niemand veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.